taz.de -- Breites Bündnis fordert höhere Abgaben: „Umfairteilen“ will Reichensteuer

Sozialverbände, Gewerkschaften und NGOs haben sich zusammengetan. Unter dem Namen „Umfairteilen“ wollen sie den Reichen ans Geld.
Bild: Aktion für die Einführung der Reichensteuer vor dem Kanzleramt.

BERLIN taz | Ein neues Bündnis aus Sozialverbänden, Gewerkschaften und Nichtregierungsorganisationen wirbt für gleich mehrere neue „Reichensteuern“ in Deutschland. Die Vereinigung namens „Umfairteilen“, in der die Gewerkschaft Verdi, der Paritätische Wohlfahrtsverband, Attac und das Netzwerk Campact Mitglieder sind, fordert eine einmalige Vermögensabgabe sowie die Wiedereinführung der Vermögensteuer.

Der Chef der Gewerkschaft Verdi, Frank Bsirske, verwies auf die Notlage der öffentlichen Haushalte und sagte: „Die beste Schuldenbremse ist eine Vermögensabgabe und die Wiedereinführung der Vermögensteuer.“ Verdi fordert eine Vermögensteuer von einem Prozent bei einem Freibetrag von einer Million Euro pro Haushalt.

Wenn man in Deutschland den Anteil der Besteuerung von Unternehmensgewinnen und Kapitalerträgen am Bruttoinlandsprodukt auf das Durchschnittsniveau in den EU-Ländern anheben würde, flössen 54 Milliarden Euro mehr an Steuern in die Haushalte, sagte Bsirske.

Er verwies auf die Vermögensteuer in Frankreich, die ab einem Privatvermögen von 1,3 Millionen Euro gilt. Sie werde inzwischen von 560.000 Franzosen entrichtet. Unter Staatschef François Hollande wurden die Abgaben auf Vermögen kürzlich sogar noch erhöht.

Ärger vor dem Kampagnenstart

Das Bündnis „Umfairteilen“ plant einen bundesweiten Aktionsstag am 29. September. Schon vor dem Start der Kampagne gab es jedoch intern Ärger. Der Grund: Die Internetaktivisten von Campact sammelten bereits Unterschriften unter dem Motto „Reichtum besteuern!“, ohne auf Bündnis und Aktionstag hinzuweisen. Bei Attac-Aktivisten und auch bei anderen Bündnispartnern kam es nicht so gut an, dass Campact „sein eigenes Ding macht“.

Allerdings: Campact ist mächtig geworden. Wer schnell viele Interessierte erreichen will, kommt an der Organisation kaum vorbei. Campact kann nach eigenen Angaben 660.000 Menschen per Mail erreichen. Auch bei Facebook stellt Campact die anderen Organisationen in den Schatten.

Der Geschäftsführer von Campact, Christoph Bautz, sagte, es sei üblich, dass Campact eigene Appelle startet. Inzwischen kündigt Campact den Aktionstag zumindest auf seiner Internetstartseite an. Insgesamt plant das bundesweite Bündnis nach taz-Informationen mit einem Budget von gut 100.000 Euro.

4 Aug 2012

AUTOREN

Dribbusch
Erb

TAGS

Eurokrise

ARTIKEL ZUM THEMA

Verdi-Chef über Arbeitnehmerrechte: „Deutschland, der kranke Mann“

Als Folge der Eurokrise fürchtet Verdi-Chef Bsirske auch hierzulande eine schlechtere Entlohnung. Peer Steinbrück warnt er davor, historische Fehler zu wiederholen.

„Umfairteilen“-Demonstrationen: Robin Hood tanzt zu Abba

Am Samstag, dem Aktionstag für eine Umverteilung von Vermögen, sind in vielen Städten Demos geplant. Ein breites Bündnis fordert eine Reichensteuer.

Steigende Steuereinnahmen: Neun Prozent mehr für den Staat

Die Steuereinnahmen von Bund und Ländern sind im Juli um 9 Prozent gestiegen. Grund ist, dass die Wirtschaft floriert und mehr Menschen angestellt werden.

Globalisierungskritisches Netzwerk Attac: Vom Mainstream eingeholt

Zeiten der Krise – Attac müsste jetzt eigentlich überall präsent sein. Stattdessen hört man von den Finanzmarktkritikern kaum noch etwas. Was ist da los?

Bund der Steuerzahler: Unmögliche Lobby

Der Bund der Steuerzahler ist nicht so neutral wie sein Name suggeriert. Er vertritt sehr viel mehr die Interessen Wohlhabender als die der Gemeinschaft.

Linksbündnis fordert Reichensteuer: Eine angereicherte Steuerdebatte

FDP und Steuerzahlerbund sind ganz aufgeregt, weil ein linkes Bündnis um Attac höhere Steuern für Reiche fordert. SPD und Grüne finden das erstmal ganz gut.

Steuerreform in Frankreich: Hollande tut es einfach

Der französische Staatspräsident Hollande führt im Alleingang eine abgespeckte Version der Transaktionssteuer ein. Außerdem zahlen Reiche mehr Abgaben auf Einkünfte und Vermögen.

Reichensteuern in Europa: Reiche unter Druck

Wer mehr Geld hat, soll auch mehr für die Krise bezahlen. In Deutschland könnte eine Vermögensabgabe rund 230 Milliarden Euro einbringen.

Europa denkt über Reichensteuern nach: Wie Reiche bezahlen könnten

Auch die Wohlhabenden sollen für die Krise bezahlen. Aber wie? In vielen EU-Ländern wird über passende Steuern nachgedacht.

Linke debattiert Steuer für Superreiche: Zwischen 71 und 100 Prozent

Linkspartei-Chefin Kipping hat eine 100-Prozent-Steuer auf Einkommen über 40.000 Euro gefordert. Ihr Co-Vorsitzender Riexinger rückt davon ab – aber nicht weit.

Ökonomen fordern höhere Spitzensteuer: Halbe-halbe mit dem Staat

Großverdiener sollen teilen: Ökonomen fordern höhere Steuern auf Einkommen, Vermögen und Erbschaften der extrem Reichen. Das soll die öffentlichen Haushalte sanieren.