taz.de -- Olympia – Turnen, Stufenbarren: Bronze für Oma

Puppengleiche Geschöpfe umwirbeln den Holmen, Russland versinkt im doppelten Tränenmeer – und der Autor denkt zurück an seine Schulzeit.
Bild: Aliya Mustafina schwingt sich zu Gold

Die Startbedingungen: Der Wettkampf beginnt standesgemäß. Musik, Einlaufzeremonie, Misswahl-taugliches Lächeln, Jubel im Publikum. Am [1][Stufenbarren] ist die Deutsche Elisabeth Seitz nationale Meisterin; es ist ihr stärkstes Gerät.

Für die Weltspitze reicht es aber wohl nicht, zu stark ist das Teilnehmerfeld: Das 16-jährige US-Wunderkind Gabriella Douglas, die bereits im Mehrkampf im [2][Einzel] wie im [3][Team] Gold geholt hat, turnt ebenso umd Gold wie Peking-Gewinnerin He Kexin (China) oder die Russin Aliya Mustafina.

Die Entscheidung: Das Turnen am [4][Stuffenbarren] ist die Spitze der Ästhetik und Leichtigkeit. Federleicht und quirlig wirbeln die Sportlerinnen über die Holme. Blutjung sehen sie alle aus, puppengleich die geschminkten Gesichter. Am besten macht das die Russin Aliya Mustafina, die mit einer Kür aus drei fehlerfreien Übungen Gold gewinnt. Silberwürdig turnt Titelverteidigerin He Kexin, die Britin Elizabeth Tweddle – mit 27 Jahren die Oma des Feldes – schafft einen vielumjubelten dritten Platz.

Das Drama: Russland weint! Aliya Mustafina über ihren Olympiasieg, die Fünftplatzierte Victoria Komowa aus chronischer Unzufriedenheit. Sie hat in London schon zwei Silbermedaillen gewonnen (Mehrkampf, [5][Einzel] und [6][Mannschaft], jeweils hinter Douglas bzw. den US-Turnerinnen). Und selbst da flossen Tränen der Enttäuschung.

Die Schlussfolgerung: Olympia-Gucker mit traumatischen Erfahrungen aus dem Schulsport sollten die Turnwettbewerbe meiden. Der Autor dieser Zeilen erinnert sich mit Schrecken zurück an zahlreiche Bauchlandungen in Klasse 11.

Und sonst? Elisabeth Seitz turnt für ihre Verhältnisse starke 15,266 Punkte. Mit Platz 6 ist sie angesichts der hochrangigen Konkurrenz hochzufrieden.

6 Aug 2012

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Jannis Carmesin
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