taz.de -- Fischsaurier füllt Evolutionslücke: Riesenschädel mit spitzen Zähnen

Fast 40 Jahre schlummerte der Fund in den Archiven. Jetzt stellt sich ein Fischsaurier-Fossil als wichtiges Bindeglied in der Evolutionskette heraus.
Bild: Sieht aus wie ein Schuh, ist aber der Schädel eines Fischsauriers.

STUTTGART dpa | Ein spektakulärer Fund im Magazin des Stuttgarter Naturkundemuseums wirft neues Licht auf die Entwicklung der Fischsaurier. Eine rund 7,5 Meter lange Meeresechse, die vor über 170 Millionen Jahren lebte, stellte sich als wichtiges Bindeglied in der Evolutionskette heraus.

„Mit dem weltweit ersten Skelett aus dem Braunen Jura wird eine Lücke in der Geschichte der Fischsaurier geschlossen“, erläuterte der Saurierexperte des Museums, Rainer Schoch, am Dienstag in Stuttgart.

Bislang galt die Zeitspanne vor 175 und 170 Millionen Jahren als frei von Fischsaurierfunden. Das außergewöhnliche Exemplar aus genau dieser Zeit ist ein Verwandter des Schwäbischen Seedrachens aus den älteren Schichten des Schwarzen Juras und begründet ein neue Gattung.

Für den Paläontologen Schoch ist das Fossil wie ein „Sechser im Lotto“, ist es doch das Bindeglied zwischen den bekannten Fischsauriern aus dem schwarzen Posidonienschiefer, wie sie zuhauf in Holzmaden gefunden wurden, und den jüngeren Exemplaren aus dem Weißen Jura. „Die Erdgeschichte ist wie ein Schweizer Käse, sie ist voller Fundlücken.“ Die Wahrscheinlichkeit, mit Hilfe eines Skeletts diese „Löcher“ in der Evolution zu füllen, sei sehr gering.

Das Skelett der rund 7,5 Meter langen Meeresechse wurde bereits 1975 in einer Tongrube nahe Heiningen (Kreis Göppingen) am Fuße der Schwäbischen Alb geborgen. Erst die kanadische Gastwissenschaftlerin am Stuttgarter Naturkundemuseum und Fischsaurierexpertin Erin Maxwell erkannte vor kurzem die Bedeutung des Fundes, der 37 Jahre im Magazin des Museums schlummerte.

Arbeit für die nächsten Jahrhunderte

Die derart verspätete Entdeckung führt Schoch auch auf die Fülle der Materials in den Magazinen des Museums zurück. Dort sind allein 90.000 Saurierstücke gelagert, jedes Jahr kommen tausende Funde hinzu und bieten Arbeit für die nächsten Jahrhunderte. Schoch: „Die Forscher stehen ständig vor der Frage, was untersuchen wir als nächstes.“

Wie die neue Gattung der Meeresechse bezeichnet wird, ist noch unklar. Möglicherweise werde mit dem wissenschaftlichen Namen auf den Fundort verweisen, sagte Schoch. „Vielleicht werden wir Heiningen erwähnen.“

7 Aug 2012

ARTIKEL ZUM THEMA

Mensch und Natur: Getrennt gehen, vereint kämpfen

Nicht nur braucht der Mensch die Natur, auch die Natur braucht den Menschen. Davon sind die beiden Botaniker Sarah Darwin und Johannes Vogel überzeugt.

Vom modernen Menschen verdrängt: Chancenlose Neandertaler

Naturkatastrophen und Klimawandel setzten dem Neandertaler schwer zu. Schuld an deren Aussterben war aber der anpassungsfähigere Homo sapiens.

30.000 Jahre alte Pflanzen blüht wieder: Auferstanden aus dem Permafrost

Nach mehr als 30.000 Jahren im sibirischen Dauerfrostboden: Russische Forscher bringen den Samen einer Eiszeit-Pflanze wieder zum Keimen und Wachsen.

Die Vorfahren des Menschen: Der Neandertaler in uns

Der Neandertaler ist doch ein Vorfahr heutiger Menschen. Außerhalb von Afrika zeugten Homo sapiens und der Neandertaler gemeinsame Nachkommen.