taz.de -- Kommentar Demo-Filmen: Gesetz der Abschreckung

In Niedersachsen wird alles wird erfasst, was in den Polizistenhirnen dem linken Störer-Feindbild entspricht. Motto: „Legal, illegal, scheißegal.“.
Bild: Videokamera am Mann: Polizeikette bei der Anti-Neonazi-Kundgebung in Hannover.

Die Polizei kann’s nicht lassen. Wenn die modernen Video- und Erfassungstechniken mit Super-Zoom-Objektiven und hoher Bildauflösung oder neuerdings auch Drohnen schon mal zur Verfügung stehen, werden sie auch eingesetzt. Motto: „Legal, illegal, scheißegal.“ Alles wird erfasst, was in den Polizistenhirnen dem linken Störer-Feindbild entspricht. In Niedersachsen kommt erschwerend hinzu, dass es einen Innenminister Uwe Schünemann (CDU) gibt, der sich von der schwarz-gelben Mehrheit im Landtag verfassungswidrige neue Paragrafen etwa in das Versammlungsgesetz schreiben lässt.

Gut, dass gegen dieses Gesetz vorm Bundesverfassungsgericht geklagt wird. Denn die Karlsruher Richter haben bereits in zwei Entscheidungen deutlich festgehalten, dass das präventive Filmen von Versammlungen, wenn es nicht der Beweissicherung bei Straftaten dient, ein illegaler Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht ist. Egal, ob heimlich oder durchaus offen erkennbar vom Videowagen. Egal, ob der Einsatzleiter fürchtet, sonst den Überblick zu verlieren.

Es drängt sich der Eindruck auf, dass Niedersachsen Menschen durch Filmen grundsätzlich vom demonstrieren abschrecken will. Leider gibt es in der Bundesrepublik keine Institution, die rechtswidriges staatliches Handeln sofort verfolgt – es bleibt nur der langwierige Weg über die Gerichte.

7 Aug 2012

AUTOREN

Kai von Appen

TAGS

Schwerpunkt Überwachung

ARTIKEL ZUM THEMA

Überwachung in Hannover: Anti-Nazi-Kundgebung heimlich gefilmt

Die Polizei hat eine Demonstration mit Videokameras und Drohnen teils verdeckt dokumentiert. Der AK Vorratsdatenspeicherung hält das für rechtswidrig.