taz.de -- Nigeria kämpft gegen Islamisten: Viele Tote bei Militäraktion
In Nigeria riegeln Soldaten die Millionenstadt Maiduguri ab und töten 20 angebliche Boko-Haram-Kämpfer. Die islamistische Sekte ist für Anschläge auf Christen verantwortlich.
ABUJA/BERLIN rtr/afp/taz | Anti-Terror-Einheiten der nigerianischen Sicherheitskräfte haben eine „großen Offensive“ gegen die für zahlreiche Anschläge verantwortliche militante islamistische Sekte Boko Haram des Landes eingeleitet.
Allein in der Millionenstadt Maiduguri im Nordosten des Landes starben nach offiziellen Angaben in der Nacht zum Sonntag 20 Islamisten, als Soldaten der „Joint Task Force“ (JTF) ein angebliches „Terroristentreffen“ stürmten. Ein Soldat sei bei dem Schusswechsel getötet worden, gab JTF-Oberst Victor Ebhaleme am Sonntag bekannt.
Boko Haram erklärte am Montag, die Toten seien Zivilisten gewesen, und gab als Begründung an, niemals hätte man sich mitten in der Stadt so zahlreich getroffen. „Zwanzig von uns, die an einem so gefährlichen Ort ein Treffen abhalten – das ist unmöglich“, sagte ein Boko-Haram-Sprecher namens Abu Qaqa vor Journalisten in Maiduguri per Videolink von einem unbekannten Ort.
Anwohner in Maiduguri berichteten, die Schusswechsel im Stadtteil Gaidamari hätten um 23 Uhr begonnen und bis Sonnenaufgang gedauert. Das sei besonders hart gewesen, weil derzeit noch der islamische Fastenmonat Ramadan läuft und viele Menschen sich aus Angst nicht trauten, die traditionellen nächtlichen Festessen in ihrer Nachbarschaft einzunehmen, berichteten Augenzeugen gegenüber nigerianischen Medien.
Alle wichtigen Überlandstraßen im Norden Nigerias, die nach Maiduguri führen, blieben vom Militär abgesperrt. In Damaturu weiter westlich wurden am Wochenende zahlreiche Jugendliche als mutmaßliche Islamisten festgenommen. Es folgten lange heftige Schusswechsel in der Nacht zum Sonntag. Medienberichten zufolge hatte es zuvor eine Serie von Morden gegeben, die Boko Haram zugeschrieben wurden. Teile der Hauptstadt des Bundesstaates Yobe seien zu 70 Prozent verlassen.
Die Militäroperationen folgen auf zunehmende Kritik an Nigerias Regierung wegen Boko Haram. Erst Ende letzter Woche forderte der Dachverband der christlichen Kirchen Nigerias (CAN) Staatspräsident Goodluck Jonathan – selbst Christ – zum Rücktritt auf. Jonathan habe einem Vorschlag von US-Außenministerin Hillary Clinton widersprochen, Boko Haram als „terroristische Organisation“ zu kennzeichnen, so CAN.
13 Aug 2012
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Soldaten haben ein Massaker an muslimischen Jugendlichen angerichtet. Im Norden Nigerias kämpft die Sekte Boko Haram für einen islamistischen Gottesstaat.
Der Terror der islamistischen Untergrundbewegung Boko Haram nimmt kein Ende. Gespräche sind schwer vorstellbar, sagt Sicherheitsexperte Istifanus Zabadi.
Islamisten haben Anschläge auf Mobilfunkeinrichtungen verübt. Nun rüsten in Nigeria Telefongesellschaften die Sicherheitskräfte aus.
Die Gewalt in Nigeria eskaliert erneut: Am Montagabend forderte ein Angriff auf eine Kirche zahlreiche Opfer. Seit Anfang Juli wurden bei Anschlägen mehr als 100 Menschen getötet.
Der Terror der islamistischen Gruppe Boko Haram breitet sich in Nigeria weiter aus. Ausgerechnet der Sitz des Oberhauptes der nigerianischen Muslime bleibt friedlich.
Seit den jüngsten islamistischen Anschlägen hat Gewalt zwischen Christen und Muslimen über 80 Tote gefordert. Brennpunkt: die multikulturelle Metropole Kaduna.
Bombenanschläge auf Christen haben Pogrome an Muslimen nach sich gezogen. Die traurige Bilanz: über 50 Tote. Am Schluss musste das Militär ausrücken.