taz.de -- Zahlungsausfall abgewendet: Kreative Kapitalbeschaffung in Athen

Hilfskredite bleiben vorerst aus, aber Griechenland braucht dringend Geld. Mit einer kurzfristigen Geldmarktauktion hat sich der Staat Kapital geliehen – von seinen eigenen Banken.
Bild: Das schicke Hauptquartier der Griechischen Zentralbank.

ATHEN dpa | Das hochverschuldete Griechenland hat am Dienstag mit einer Geldmarktauktion kurzfristig einen Zahlungsausfall abgewendet. Das Land besorgte sich bei Investoren den ungewöhnlich hohen Betrag von 4,063 Milliarden Euro.

Wie das staatliche Fernsehen unter Berufung auf die Schuldenagentur (PDMA) mitteilte, beträgt die Laufzeit der Papiere 13 Wochen. Der Zinssatz liegt bei 4,43 Prozent. Die Nachfrage nach den angebotenen Kurzläufern hätte ausgereicht, um das 1,36-fache Volumen bei Anlegern zu platzieren. An dem neuen kurzfristigen Kredit haben sich hauptsächlich griechische Banken als Geldgeber beteiligt. Dass die überhaupt kaufen, soll an einer Sonderregelung der Europäischen Zentralbank (EZB) liegen.

Athen braucht das frische Geld dringend, um Schulden bei der EZB zurückzuzahlen. Am kommenden Montag werden Anleihezinsen in Höhe von 3,2 Milliarden Euro fällig. Die EZB hatte das erste Rettungspaket für Griechenland mit Stützungskäufen von Staatsanleihen flankiert, sich jedoch nicht an der Umschuldung im März 2012 beteiligt.

Private Investoren mussten bei dem Schuldenschnitt mehr als 70 Prozent ihrer Forderungen abschreiben. Die Notenbank macht keine offiziellen Angaben über das ausstehende Volumen ihrer griechischen Schuldverschreibungen. Analysten schätzen, dass das Portfolio etwa 50 Milliarden Euro schwer ist. Athen muss aller Finanznöte zum Trotz die Titel weiter bedienen.

Leere Staatskassen

Die Kassen in Athen sind leer, weil die Geldgeber seit Juni kein Geld mehr nach Athen überwiesen haben. Solange nicht klar ist, wohin das Land unter seiner neuen Regierung steuert, halten sie eine Hilfskredite über 31,5 Milliarden Euro zurück.

Die Kontrolleure der Troika aus EU, Internationalem Währungsfonds (IWF) und Europäischer Zentralbank (EZB) wollen im September ihre Kontrollen fortsetzen, um festzustellen, ob Athen seine Verpflichtungen erfüllt. Zuletzt stellten die Prüfer zwar Fortschritte fest - doch kurzfristig dürfte auf keinen Fall Geld fließen.

Damit das klamme Athen dennoch seine Schulden bei der EZB bezahlen kann, hat man sich Finanzkreisen und Presseberichten zufolge auf eine kreative Lösung geeinigt: Kurzfristig anberaumte Geldmarktauktionen sollen das Geld einbringen. Da internationale Investoren griechische Papiere meiden, kommen vor allem griechische Banken als Käufer in Frage.

Weil viele Institute jedoch selbst nicht flüssig sind, haben Staatstitel für sie nur dann einen Wert, wenn sie als Sicherheit für Zentralbankgeld eingereicht werden können. Deshalb soll der EZB-Rat der griechischen Zentralbank gestattet haben, mehr kurzfristige Staatspapiere als Pfand anzunehmen.

14 Aug 2012

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