taz.de -- Kommentar Schanzenfest: Unnötiges Finale

Es ist zu begrüßen, dass die Polizei sich zunächst zurückhielt, und den Anwohnern und autonomen Rotfloristen die Chance gab, die Randale selber in den Griff zu bekommen - was auch gelang.
Bild: Das letzte seiner Art? So sah das Schanzenfest im Jahr 2012 aus.

Es ist wohl nicht zu verhindern, dass eine Handvoll Idioten ein schönes Straßenfest mit 10.000 Besuchern in Solidarität mit den von Sozialabbau gebeutelten Griechen am Ende missbrauchen, um im Suff ihre Gewaltorgien auszuleben. Die Vorfälle haben die Veranstalter zu Recht fassungslos und wütend gemacht, wie es aus der Roten Flora hieß.

Im Vorfeld war es wenig nützlich, dass die Polizei die Region zum spätabendlichen Gefahrengebiet erklärt hat – es lockt zusätzlich diejenigen an, die glauben, hier könnte noch was abgehen. Zum Beispiel Touristen aus Bayern, die an der Elbe noch was erleben wollten. Zudem ist ein Gefahrengebiet – was immer man von ihm hält – ein untaugliches Mittel, um Randalierer aus einer Menschenmenge auf der Piazza herausfiltern.

Insofern war es begrüßenswert, dass die Polizei sich zunächst zurückgehalten hat, und den Anwohnern und autonomen Rotfloristen die Möglichkeit gegeben hat, die Randale selber in den Griff zu bekommen – was auch gelungen ist, auch wenn der Preis mit zwei Verletzten hoch war. Nicht nachzuvollziehen ist, dass zu später Stunde, als die letzte Barrikade gelöscht war, die Polizei doch noch ihr alljährliches Finale durchzieht und wegen einer beschädigten Bankscheibe mit Wasserwerfern die komplette Schanze räumt.

26 Aug 2012

AUTOREN

Kai von Appen

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Hamburg

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