taz.de -- Krise in Griechenland: Rentner stürmen Ministerium

In Griechenland haben Rentner das Ministerium für Gesundheit gestürmt. Sie demonstrierten damit dagegen, Medikamente selbst zahlen zu müssen.
Bild: Wollen sich nicht alles gefallen lassen: Rentner von dem Ministerium in Athen.

ATHEN dpa | Aus Protest gegen Probleme bei der medizinischen Versorgung haben aufgebrachte Rentner am Dienstag das griechische Gesundheitsministerium gestürmt.

Rund 40 Senioren drangen in das Büro von Minister Anderas Lykourentzos ein. Nach Berichten von Augenzeugen kam es zum Tumulten. Verletzt wurde jedoch niemand. Der Minister verurteilte die Aktion scharf und bezeichnete die Rentner als „Schufte“. Später erklärte Lykourentzos, er habe nicht die Rentner im Allgemeinen, sondern das Benehmen einzelner kritisiert.

„Wir haben das Büro kurz besetzt, weil er (der Minister) und nicht sehen wollte. Er hat uns als Schufte “, sagte ein Demonstrant im Fernsehen. Vor dem Ministerium hatten sich inzwischen hunderte Rentner versammelt. Später beruhigte sich die Lage.

Gut neun Millionen Versicherte der größten Krankenkasse EOPYY müssen seit Montag ihre Medikamente in den Apotheken zunächst selbst bezahlen und können den Betrag erst anschließend bei der Kasse einfordern. Auch viele Ärzte behandeln diese Kassenpatienten seit Montag nur noch gegen Barzahlung.

Der griechische Staat schuldet den Apothekern und Ärzten nach Angaben ihrer Verbände hohe Summen. Viele griechische Krankenkassen stehen kurz vor dem Zusammenbruch. Wegen der Rezession sind Ihre Einnahmen um rund 40 Prozent eingebrochen.

Auch die Stimmung unter griechischen Polizisten, Richtern und Krankenhausärzten ist aufgeheizt, seit das Finanzministerium ihnen mitgeteilt hat, dass ihre Bezüge weiter gekürzt werden sollen. Die Polizisten wollen am Donnerstag in Athen gegen zum 1. Juli rückwirkend geltende Gehaltskürzungen in Höhe von 7,5 Prozent auf die Straße gehen. Ab 1. Januar kommenden Jahres sollen sie auf weitere 12 Prozent Einkommen verzichten. Damit würde ein Polizist nur noch 610 Euro monatlich verdienen.

5 Sep 2012

ARTIKEL ZUM THEMA

Krise in Griechenland: Keine Einigung zum Sparpaket

Die Athener Koalitionäre ringen noch um einen Kompromiss. Die Kontrolleure der Troika lehnen gleichzeitig Alternativen zum Sparprogramm ab.

Proteste in Griechenland: „Wir oder ihr!“

Die neuen Kürzungen für die Griechen stehen unmittelbar bevor. Regierungschef Samaras spricht von harten und teils ungerechten Maßnahmen. Diese seien aber die letzten Kürzungen.

Griechisches Gesundheitssystem: Streiken statt operieren

Das marode Gesundheitssystem bringt die Menschen in Rage. Ärzte protestieren gegen Hungerlöhne, Rentner für Medikamente auf Krankenschein.

Banker über die Eurokrise: „Die Eurozone ist sehr gesund“

Der Leiter der Analyseabteilung der Landesbank Bremen findet: Europa macht große Fortschritte und ist das Paradebeispiel der Stabilität.

Ökonom Illing zur Krise: „Deutschland tut der Euro gut“

Wenn die Währung zerbricht, dann eher an Finnland als an Griechenland, sagt der Ökonom Gerhard Illing. Aber auch durch ständiges Reden darüber.

Rassismus in Griechenland: Migrant durch Straßen geschleift

Zwei Griechen haben einen aus Ägypten stammenden Migranten am Auto festgeklemmt und schwer verletzt. Die Täter wurden festgenommen.

Griechischer Premier in Berlin: Zwei Welten in der Krise

Beim Staatsbesuch des griechischen Premierministers Samaras zeigt sich Angela Merkel gleich doppelt hart: gegen den Gast und ihre eigenen Leute.

Griechenland wehrt sich gegen Rauswurf: Allein gegen Athen

Deutschland stößt mit seinen Plänen für einen Euro-Austritt Griechenlands auf Widerstand. Linke fordert eine Sozialklausel für die Hilfsgelder.