taz.de -- Moralisches Onlineshoppen: Kinderarbeit einfach ausblenden

Das Programm „aVOID“ blendet Produkte in Onlineshops aus, die mit Kinderarbeit hergestellt wurden. Entspricht die Bewertung der Produktionsrealität?
Bild: Im Onlineshop wäre diese Tasche vielleicht gar nicht da.

taz: Das aVOID Plug-In blendet ethisch inkorrekte Waren in Onlineshops automatisch aus. Ist es in Ordnung, moralisches Verhalten technologisch zu erleichtern?

Bernhard Henselmann: Ja, das ist meiner Meinung nach prinzipiell schon in Ordnung. Dieses Vorgehen ist gang und gäbe in der heutigen Zeit, schauen sie sich die Energiesparlampen an, das Biosiegel, E-Autos oder öffentliche Verkehrsmittel. Wir konzentrieren uns auch speziell auf das Thema Kinderarbeit. Wenn wir uns um alles kümmern würden, würden wir das nicht schaffen.

Das Tool basiert auf einer Liste von EarthLink, die anhand eines Ampelsystems Unternehmen in Kategorien einteilt. Woher bekommen sie eigentlich die Informationen, ob ein Unternehmen Kinderarbeit betreibt?

Zunächst recherchieren wir selbst im Internet, betrachten die internationale Medienlandschaft, befragen Journalisten. Dann schicken wir den Firmen eine Mail mit Fragen zu den Themen Unternehmenspolitik gegen Kinderarbeit, Produktionskontrolle, Engagement und einiges mehr. Sie haben dann vier Wochen Zeit um die Fragen zu beantworten und Stellung zu beziehen.

Wichtig ist zum Beispiel, ob ein Unternehmen einen Code of Conduct, also einen Verhaltenskodex festgelegt hat, der sich ganz deutlich gegen Kinderarbeit ausspricht. Ist das gegeben, bekommt ein Unternehmen schon einmal einen gelben Punkt in der Sparte „Unternehmenspolitik gegen Kinderarbeit“. Uns ist vor allem die Kontrolle wichtig, insbesondere die interne Kontrolle wichtiger Produktionsschritt.

Manche Unternehmen fühlen sich ungerecht behandelt. Sie wurden durch das Plug-In gesperrt, weil sie eine Mail nicht beantwortet hatten. Stimmt das?

Einfach nicht beantwortet hört sich so salopp an. Uns ist die Unternehmenspolitik und die Kontrolle wichtig und dazu wollen wir eine Stellungnahme. Wenn ein Unternehmen nach vier Wochen nicht antwortet warten wir meistens noch einmal ein bis zwei Wochen.

Dann geben wir dem Unternehmen per Email bescheid, dass das jetzt veröffentlicht wird. Übrigens hat jedes Unternehmen die Möglichkeit alle Informationen jederzeit nachzureichen und seine Bewertung zu verbessern. Wir wollen die Firmen nicht reinreiten.

Der Code of Conduct sagt aber nichts über die Produktionsrealität in den Herstellungsländern aus.

Durch den Code of Conduct fühlt sich eine Firma zuständig für das Thema. Das ist ein erster Schritt. Der Kodex ist wie eine Vorschrift für die Mitarbeiter, die müssen sich eigentlich daran halten. Wir haben die Idee einer echten, ernst gemeinten Unternehmenspolitik und fänden es gut, wenn das Thema ganz oben auf der Geschäftsführerebene angesiedelt ist. Durch den Code of Conduct gibt ein Unternehmen auch nach außen ein Signal, dass das Thema wichtig ist.

12 Sep 2012

AUTOREN

Weisensel

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