taz.de -- Kommentar Couchsurfing: Profil sofort löschen
Ab diesem Wochenende wird Couchsurfing ganz facebooklike die Daten der Reisenden vermarkten. Das ist das Ende einer fantastischen Idee.
Verdammt. Sieben Jahre lang hat das [1][nichtkommerzielle Netzwerk Couchsurfing] perfekt funktioniert. Wer neugierig ist und ein Sofa zur Verfügung hat, lässt Reisende darauf unentgeltlich nächtigen und nimmt sie mit in die Lieblingskneipe. Wer je auf Reisen war, weiß, wie viel Spaß es macht, die Touristenpfade in der Fremde zu verlassen und mit Einheimischen zu plaudern.
Was Touristen immer misslingt, war dank Couchsurfing für die BesucherInnen aus aller Welt denkbar einfach. Ohne Aufwand konnten sie ein paar Tage lang eintauchen in eine Stadt, so als würden sie dort wohnen. Viel Potenzial für außergewöhnliche Begegnungen und Erfahrungen.
Auch die Voraussetzung war denkbar simpel: Alle Reise- und alle Gastfreudigen legten ein Profil mit persönlichen Daten an: [2][www.couchsurfing.org]. Der eine schickte eine Anfrage, der andere checkte das Profil und entschied, ob er den Gast aufnehmen will. Alles basierte auf Vertrauen. Und es hat funktioniert. 4,8 Millionen Menschen reisten auf diese Weise um die Welt, trafen auf gänzlich unkomplizierte Weise fremde Bekannte und konnten hineinschnuppern in Welten, zu denen sie anders nie Zugang gehabt hätten. Missbrauch blieb die absolute Ausnahme.
Doch nun haben die Betreiber Blut geleckt: Ab diesem Wochenende werden sie facebooklike die Daten der Traveller vermarkten. Das ist das Ende einer fantastischen Idee. Datenschützer Peter Schaar hat vollkommen recht, wenn er nun vor Missbrauch warnt. Die Konsequenz muss sein, dass möglichst viele Couchsurfer sofort ihre Profile löschen. Es wird ja nicht lange dauern, bis ein Vernunftbegabter wieder ein Portal eröffnet und der unkommerzielle Austausch weitergehen kann. Und die Manager von Couchsurfing könnten jetzt mal fix aus dem Fenster springen.
13 Sep 2012
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