taz.de -- Obama disst Romney: Ein Präsident für das ganze Land
Romneys Äußerungen über Obama-Wähler als Opfer werden zum Wahlkampfmaterial für Präsident Obama. Eine erste Reaktion gab er im amerikanischen Fernsehen.
NEW YORK dapd | US-Präsident Barack Obama hat die Steilvorlage seiner Herausforderers Mitt Romney dankbar angenommen: Der Präsident müsse für alle Amerikaner da sein und nicht nur für wenige auserwählte, sagte Obama am Dienstagabend im US-Fernsehen.
Er reagierte damit auf ein Video, in dem Romney vor Spendern rund die Hälfte der US-Bürger in die Nähe von Sozialschmarotzern gerückt hatte, die Ansprüche an die Regierung stellten. Romney hatte hinzugefügt, es sei nicht seine Aufgabe, sich um diese Menschen zu kümmern. Hinter der Veröffentlichung des Videos stand der Enkel von Ex-Präsident Jimmy Carter.
„Eine Sache, die ich als Präsident gelernt habe, ist, dass man das ganze Land repräsentiert“, sagte Obama. Er wies die Einschätzung Romneys zurück und erklärte, es gebe nur wenige Menschen in den USA, die sich als Opfer betrachteten. Die Wähler wollten nur sicherstellen, dass der Präsident nicht große Teile des Landes einfach abschreibe.
Romney bemühte sich unterdessen, seine Kommentare als Beweis für die fundamentalen Unterschiede zu Obama darzustellen. Der Herausforderer sagte dem Fernsehsender Fox, er habe keine Wähler abschreiben wollen. Er werde keine Stimmen von Menschen erhalten, die glaubten, dass die Regierung Wohlstand umverteilen müsse. Daran glaube Obama jedoch, erklärte er.
Unruhe bei den Republikanern
„47 Prozent der Menschen werden für den Präsidenten stimmen, egal was passiert“, sagte Romney in dem Video. „Sie sind abhängig von der Regierung, glauben, dass sie Opfer sind, dass die Regierung verpflichtet ist, sich um sie zu kümmern, dass sie Anspruch haben auf eine Gesundheitsfürsorge, auf Lebensmittel, Wohnung, was auch immer.“
In den Reihen der Republikaner wurden die Kommentare des Herausforderers diskutiert. Zwei Senatoren distanzierten sich öffentlich von Romneys Äußerungen, während andere offen fragten, welche Auswirkungen die Kontroverse auf die Siegchancen bei der Präsidentschaftswahl im November haben werde.
Hinter der Veröffentlichung des Videos stand ein Enkel des früheren US-Präsidenten Jimmy Carter. James Carter IV. sagte, er habe denjenigen, der die Äußerungen heimlich aufgenommen habe, überzeugt, den Film den Medien zu übergeben. Er habe zunächst einen kurzen Clip auf YouTube entdeckt und dann via Twitter den Verfasser ausgemacht. Der Name des Kameramanns ist der Öffentlichkeit weiter nicht bekannt.
Der frühere Präsident war begeistert von der Arbeit seines Enkels: „James: Das ist außergewöhnlich. Glückwunsch! Papa“*, schrieb er in einer Mail, die der Nachrichtenagentur AP vorliegt.
- Update für genealogisch Interessierte: Im Orginal lautet die Mail „James: This is extraordinary. Congratulations! Papa.” Es darf wohl davon ausgegangen werden, dass Jimmy Carter sich nicht für den Vater seines Enkels hält, sondern „Papa“ lediglich der Familienrufname des Ex-Präsidenten ist.
19 Sep 2012
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Der Präsident liegt überall vorn – vor allem in den wahlentscheidenden Swing States. Viele Republikaner haben ihren Kandidaten schon aufgegeben.
Die US-Philosophin Susan Neiman über Präsident Obama, die bevorstehenden Wahlen in den USA und warum Reformen Leben retten.
Der Präsidentschaftskandidat der Republikaner Mitt Romney legt seine Steuererkläung vor. Demokraten werfen ihm vor, Spenden nur zum Teil abgesetzt zu haben.
Obamas Herausforderer hat nachgedacht. Mitt Romney geht es nun doch um 100 Prozent aller US-Amerikaner – also auch um die „Sozialschmarotzer“.
Ein Video zeigt, was der reiche republikanische Kandidat Romney über die Hälfte der US-AmerikanerInnen denkt. Ein schwerer Schlag für ihn.
Der republikanische Präsidentschaftskandidat verunglimpft die Hälfte aller US-Amerikaner. Romney hat seine Aussagen nun relativiert – aber nur teilweise.
Mit einem smarten Republikaner über Energiesparlampen zu diskutieren, verändert nicht den Wahlausgang. Durchaus aber die Wahrnehmung.