taz.de -- Rüstungskonzerne EADS und BAE: Fusion vor dem Scheitern

Nationale Egoismen verhindern offenbar die Entstehung des größten Rüstungskonzerns. Berlin, Paris und London wollen ihren Einfluss nicht verlieren.
Bild: Der Eurofighter-Jet von EADS im Dunst der Ungewissheit.

BERLIN taz | Für „sehr interessant und verführerisch“ hält nicht nur Frankreichs Verteidigungsminister Jean-Yves Le Drian den Plan. Und doch scheint es, als drohe die geplante Fusion des Luft- und Raumfahrtkonzerns EADS mit dem britischen Rüstungsunternehmen BAE Systems zu scheitern. Der Grund: die Uneinigkeit der Regierungen in Berlin, Paris und London, die den Einfluss auf sensible Bereiche der Militärtechnik nicht verlieren wollen.

„Die Chancen für ein Ja sind geringer als das Gegenteil“, sagte eine an den Verhandlungen beteiligte Person zur Agentur Reuters. Knackpunkte sind offenbar die Mitspracherechte. Dass Großbritannien einer von Deutschland und Frankreich gewünschten Beteiligung von je 9 Prozent an einem fusionierten Unternehmen zustimmt, gilt als unwahrscheinlich. „Das wäre in London kaum zu vermitteln.“ Das wiederum bedeute: „Dann kommt es zu keiner Lösung“, hieß es in den Verhandlungskreisen.

Bisher verfügen Frankreich und Deutschland direkt und indirekt über jeweils gut 22 Prozent der Anteile an EADS, die deutschen Interessen nimmt dabei der Autokonzern Daimler wahr. Bei BAE Systems sind keine Staaten direkt oder indirekt Großaktionäre. Laut Spiegel haben sich Deutschland und Frankreich darauf verständigt, dass sie jeweils 9 Prozent am fusionierten Konzern halten wollten. Die beiden Unternehmen möchten den beteiligten Ländern hingegen nur ein Vetorecht bei feindlichen Übernahmen über eine „goldene Aktie“ einräumen.

Das Militärgeschäft geht nach London

Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) hatte bereits darauf gepocht, dass Deutschland berücksichtigt wird, wenn über die Sitze der Machtzentren im Konzern entschieden wird. Derzeit kursieren Befürchtungen, dass bei einer Fusion die zivile Luftfahrt am Airbus-Hauptsitz Toulouse konzentriert wird, während das Militärgeschäft nach London gehen könnte.

EADS und BAE Systems hatten Mitte September bekannt gegeben, über eine Fusion zu verhandeln. Der neue Konzern wäre mit gut 220.000 Mitarbeitern und rund 75 Milliarden Euro Umsatz das größte Rüstungsunternehmen der Welt, sogar größer als der US-Konkurrent Boeing. EADS beschäftigt in Deutschland rund 50.000 Mitarbeiter an 29 Standorten.

2 Oct 2012

AUTOREN

Kai Schöneberg

ARTIKEL ZUM THEMA

EADS-BAE-Fusion geplatzt: Widerstand aus Deutschland

Die geplante Fusion der Rüstungskonzerne EADS und BAE ist gescheitert. Grund soll die ablehnende Haltung des deutschen Bundeswirtschaftsministerium sein.

Forscher fordert EU-Solarkonzern: Nur die Größten überleben

Die Krise der Photovoltaikindustrie nimmt kein Ende. Nun fordert Deutschlands bekanntester Solarforscher, einen europäischen Sonnenkonzern.

Streit um Waffenbeschaffung: SPD: Drohnen frühestens 2020

Die Bundeswehr soll bewaffnete Drohnen erst nach ausreichender Debatte über „Einsatzschwelle“ bekommen, sagt ein SPD-Verteidigungsexperte.

Fusion zwischen EADS und BAE: Komplettpaket für die Armee

Fusionieren EADS und BAE, entsteht der weltgrößte Rüstungskonzern. Die deutsche Skepsis soll per Vetorecht besänftigt werden.