taz.de -- Kommentar Wohnungsmarkt: Zum Scheitern verurteilt

Das Problem ist, dass Wohnen nicht als Grundrecht begriffen wird, sondern als beliebiges Produkt in der freien Marktwirtschaft. So kann das nicht funktionieren.
Bild: Wenn es richtig kalt wird, ist „Platte machen“ eine gefährliche Option

Dem Wohnungsmarkt in Hamburg droht der Kollaps. Wobei das grundlegende Problem ist, dass Wohnen nicht als Grundrecht begriffen wird, sondern als beliebiges Produkt in der freien Marktwirtschaft. Deshalb kann das, unter der Verwaltung von Wegelagerern des Kapitalismus wie Banken und Maklern, auch gar nicht sozialverträglich funktionieren.

In der Realität erweist sich Hamburg als Stadt der wachsenden Probleme. Die Bevölkerung nimmt zu, der Wohnungsmangel ist ohnehin schon dramatisch, die von Eurokrise geprägte Flucht in sichere Anlagen kommt verschärfend hinzu. Deshalb steigt die Nachfrage, das Angebot hingegen sinkt, weil manche Eigentümer eben lieber nicht verkaufen wollen, und die Preise explodieren.

Da kommt auch das – im Prinzip richtige – Wohnungsbauprogramm des Senats nicht gegen an. Ohne steigende Einwohnerzahlen fehlen etwa 75.000 bezahlbare Wohnungen, bei weiteren Zuzügen die doppelte Menge. Für all die benötigten Wohnungen indes hat der Stadtstaat gar keine Flächen, also verschärft sich die Sogwirkung auf das Umland.

Deshalb wird die Lage sich nicht entspannen. Die Wohnungsknappheit wird nicht geringer werden, die Preise werden weiter steigen, die sozialen Folgen werden sich noch verschärfen. Vielleicht aber sind einige Investoren mit den goldenen Nasen so nett, ein paar Obdachlosenheime zu spenden.

3 Oct 2012

AUTOREN

Sven-Michael Veit

TAGS

Obdachlosigkeit
Mieten

ARTIKEL ZUM THEMA

Kälteschutz für Obdachlose: Rappelvolle Notschlafstellen

Wo finden Obdachlose Schutz, wenn die Kälte kommt? In Rostock ist bereits ein Mann erfroren. Sozialverbände fordern eine bundesweite Strategie.

Kommentar Maklergebühren: Kein Geld für den Schwager

Das größte Übel bei der Wohnungssuche: die Maklergebühr. Wer den Makler beauftragt, sollte ihn auch bezahlen. Was für eine großartige Idee!

Initiative im Bundesrat: Vermieter bezahlt Makler

Wer eine Wohnung sucht, muss häufig hohe Gebühren für einen Makler zahlen. Eine von Nordrhein-Westfalen unterstützte Initiative aus Hamburg will das ändern.

Wohnugsnot zu Semesterbeginn: Zwischenmiete oder Turnhalle

Studienanfänger haben es in Hamburg besonders schwer, ein Zimmer zu finden. Studierendenwerk und Asta fordern Unterstützung von der Politik.

Teurer Wohnungsmarkt: Explodierende Immobilienpreise

Preissteigerungen von zehn bis 13 Prozent belegt der Hamburger Immobilienmarktbericht. Der Senat hofft auf Linderung durch sein Wohnungsbauprogramm.