taz.de -- Kommentar Einheitsabitur: Eine für alle

Gemeinsame Standards für das Abitur sind nur ein erster Schritt. Gemeinsame Lehrpläne und eine einheitliche Schulstruktur wären besser.
Bild: Besuch bei der Vorzeigeschule: Kultusministerin Gabriele Warminski-Leitheußer (SPD) und Peter Hauck von der Opposition

Manchmal verdienen selbst die Kultusminister etwas Lob, bei aller Kritik am Klein-Klein der deutschen Bildungspolitik. Als eine Lehre aus dem Pisa-Schock haben sie Standards erarbeiten lassen und damit bundesweit verbindlich festgelegt, was Schülerinnen und Schüler können müssen.

Für die Grundschule, den Haupt- und Realschulabschluss gibt es diese Bildungsstandards bereits. Jetzt haben die sonst so zerstrittenen Schulpolitiker festgelegt, was ein Abiturient in den Fächern Deutsch, Mathematik und den Fremdsprachen können muss. Gut so. Gut auch, dass die Standards auf Kompetenzen zielen und nicht auf paukbares Wissen. Deutschland bekommt endlich ein Zentralabi, ein zaghaftes zwar, das nicht so heißen darf, aber immerhin.

Auf den ersten Blick scheint das den Wünschen vieler Eltern, Lehrer und Schüler entgegenzukommen. Laut Umfrageergebnissen sehnen sie sich mit überwältigender Mehrheit nach einem bundesweit einheitlichen Schulsystem. Zu Recht. Es ist schlicht unfair, wenn derselbe Abschluss in Berlin etwas anderes bedeutet als in Baden-Württemberg. Es ist nervig, wenn Abiturienten aus Bayern auf ihre Altersgenossen im Bremen herabblicken, weil denen das Abi ja angeblich geschenkt wird. Mal abgesehen davon, dass solche Überheblichkeit nicht auf Fakten, sondern oft auf reinem Gutdünken basiert. Einheit tut not.

Das Problem ist nur: Der Beschluss der Kultusminister täuscht darüber hinweg, dass die Länder schulpolitisch eher auseinanderdriften, statt sich anzunähern. Die Verkürzung der Gymnasiumszeit auf 8 Jahre etwa hat dazu geführt, dass die Oberstufe im einen Land zwei, im anderen drei Jahre dauert. Daneben gibt es Sekundarschulen, Gemeinschaftsschulen, Gesamtschulen, Oberschulen, Werkrealschulen – nie war die Fülle größer. Und im Zweifel überlässt man es den Städten, die richtige Schulform auszuwählen.

Auf diese Strategie setzen gerade grüne Bildungspolitiker – weil man sich wütende Elternproteste so vom Hals halten kann. Die Folge: Früher war es schwierig, von einem Bundesland zum anderen zu wechseln – heute kann schon der Umzug in den Landkreis nebenan zum Problem werden.

Gemeinsame Standards sind eine halbherzige Lösung. Es braucht auch gemeinsame Lehrpläne, vergleichbaren Unterricht und nicht zuletzt: eine einheitliche Schulstruktur. Am besten mit einer Schule für alle in ganz Deutschland.

19 Oct 2012

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Bernd Kramer

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