taz.de -- Kommentar Winternotprogramm: Angebot und Nachfrage

Wenn die Unterkünfte jetzt schon voll sind, ist es Zeit, dass der Senat weitere Plätze schafft. Dass er sich darauf einstellt, ist nicht erkennbar.
Bild: Zur Not halt in die Spaldingstraße: Obdachlose im Winter.

Das Winternotprogramm für Obdachlose dem Bedarf anzupassen, ist eine schwierige Sache. Schließlich entzieht sich die Zielgruppe naturgemäß der Statistik. Dazu kommt die Eigenart dieser Klientel, für die gewisse Arten der Unterbringung, etwa Massenunterkünfte, ungeeignet sind.

Geht man von den Zahlen vom vergangenen Jahr aus, als maximal 280 Menschen durch das Winternotprogramm ein Obdach fanden, müsste die Sozialbehörde mit einer Startzahl von 250 Plätzen ganz gut liegen. Doch zum einen ist nicht klar, wie viele Leute letzten Winter abgewiesen wurden oder bestimmte Unterkünfte mieden, etwas aus Angst, beklaut zu werden.

Zum anderen scheint sich die Nachfrage nach Plätzen für diesen Winter stark erhöht zu haben. Wenn die Unterkünfte jetzt schon voll sind, ist es Zeit, dass der Senat weitere Plätze schafft. Dass er sich darauf einstellt, ist – abgesehen von vagen Ankündigungen – nicht erkennbar.

Und vor allem ist nicht erkennbar, dass sich Sozialsenator Detlef Scheele (SPD) um die seit Jahren von den Sozialverbänden geforderten überschaubaren Unterkünfte mit Rückzugsräumen kümmert, die auch angenommen werden. Nur dann wird sein Versprechen „niemand muss auf der Straße schlafen“, das er mit dem Relativsatz „solange er es nicht will“ versehen hat, nicht zur Ausrede.

31 Oct 2012

AUTOREN

Gernot Knödler

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