taz.de -- Klimakonferenz: Bundesländer auf Weltniveau

Bei der Klimakonferenz in Doha tritt Deutschland als Öko-Vorreiter auf. Aber die Bundesrepublik besteht aus 16 mehr oder weniger kleinen Klimaschweinchen.
Bild: Schmelzender Eisberg in Gröneland.

Zugegeben: In Bayern geht es ein bisschen zackiger zu als sonst wo, aber gleich wie in Nordkorea? Und Mecklenburg-Vorpommern hat bestimmt seine Probleme, aber darf man es mit Simbabwe gleichsetzen?

Doch, doch. Jedenfalls, was den Beitrag zum Klimawandel angeht. Denn Deutschland hat zwar seine Treibhausgase auf 772 Millionen Tonnen jährlich reduziert (neun Tonnen Pro-Kopf-Ausstoß), leistet sich die Energiewende und investiert viel Geld auch in den Klimaschutz in armen Ländern.

Aber unter dem Strich blasen selbst noch die Stadtstaaten so viele Klimagase in die Atmosphäre wie souveräne Staaten. Und die großen Länder wie Nordrhein-Westfalen spielen ganz allein in einer Liga mit etwa Taiwan, immerhin ein wichtiges Schwellenland.

Während Bundesumweltminister Peter Altmaier für ganz Deutschland spricht, könnte ihm jeder einzelne Landesumweltminister am Konferenztisch gegenübersitzen und einen unabhängigen Staat vertreten. Altmaiers Heimatland Saarland kommt übrigens ganz schlecht weg: Pro-Kopf-Emissionen so hoch wie die der USA.

Grafik: CO2-Austoß pro Kopf in Tonnen (Quellen: Umweltbundesamt/US Energy Information Agency/UN, Zahlen für Emissionen aus fossilien Brennstoffen, 2008/2009)

Die Grafik täuscht eine Gleichheit vor, die es nicht gibt. Denn wenn Thüringen so viel Kohlendioxid ausstößt wie die Mongolei, ist das nur die Betrachtung des Gesamtstaates. Für eine gerechte Verteilung von Lasten und Kosten ist der Blick auf die Emissionen pro Kopf wichtiger.

Und da zeigt sich, dass ein Hamburger zehnmal so stark das Klima belastet wie ein Einwohner von Sri Lanka. Und dass die Baden-Württemberger pro Kopf die Atmosphäre als Müllplatz dreimal so viel nutzen wie die Kolumbianer – selbst in der Kehrwoche. Und Bayern schafft so viel Klimabelastung wie Nordkorea.

Glück beim Vergleich haben dagegen die Hessen: Ihr Vergleichspartner Norwegen hat sogar – trotz einer Stromversorgung, die fast völlig aus Wasserstrom kommt – sogar noch höhere Pro-Kopf-Werte als das Chemieland zwischen Rhein und Main. Den Berlinern geht es im Vergleich mit den Esten genauso.

Diese Deutschlandkarte erinnert uns daran, dass wir Deutsche zwar nur 3 Prozent zu den weltweiten Klimagasen beitragen, aber trotzdem weit über unsere Verhältnisse leben. Langfristig erträglich sind weltweit Pro-Kopf-Emissionen von weniger als zwei Tonnen CO2 im Jahr, meint die Wissenschaft.

Davon ist auch das sauberste deutsche Land weit entfernt – im Klimaranking führen Berlin und Thüringen. Schlusslichter mit katastrophaler Pro-Kopf-Bilanz sind Bremen und Brandenburg.

26 Nov 2012

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Bernhard Pötter

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