taz.de -- Bachmannpreis in Klagenfurt: Monscheins überraschendes Ende

Die Journalistin Michaela Monschein wird als Organisatorin des namhaften Bachmannpreises abgelöst. Vor allem die ORF-Informationspolitik ist dubios.
Bild: Bachmannpreisträger des Jahres 2010.

Aufregung im Literaturbetrieb. Zwölf Jahre lang hat die Journalistin Michaela Monschein den Bachmannpreis in Klagenfurt organisiert, nun wurde sie abgelöst.

Was diesen Wechsel so brisant macht: Der Bachmannpreis ist für die deutschsprachige Literaturszene insgesamt sehr wichtig, er ist ein Schaufenster für neue literarische Talente, aber neben den Buchmessen in Frankfurt und Leipzig auch einer der zentralen Diskussionsorte, an denen über den Stand der Gegenwartsliteratur debattiert wird.

Im wesentlichen organisiert und als Veranstaltung getragen wird er allerdings vom österreichischen Fernsehsender ORF, insbesondere von dessen Landesstudio Kärnten. Bei Michaela Monschein, die selbst als Redakteurin beim ORF arbeitet, konnte man sich sicher sein, dass sie die hohe kulturelle Bedeutung des Wettbewerbs verteidigt, auch gegen provinzielle Begehrlichkeiten und fehlende Sensibilitäten – und die sind nun einmal bei dieser institutionellen Konstruktion immer möglich. Und was jetzt wird, weiß man eben erst einmal nicht.

Wer die offiziellen Reden Kärntner Kulturpolitiker während des Bachmannpreises einmal gehört hat, weiß, dass das Eintreten für dessen kulturelle Wichtigkeit bestimmt keine leichte Aufgabe ist. An überregionaler Aufmerksamkeit für Klagenfurt und seine Umgebung sind sie immer interessiert, an ernsthafter Auseinandersetzung mit Gegenwartsliteratur nicht immer unbedingt.

Michaela Monschein war also nicht allein die Organisatorin des Bachmannpreises, sie war auch Garantin dafür, dass er nicht in die Mühlen der Provinzpolitik oder des öffentlich-rechtlichen Rundfunks Österreichs gerät. Auch von Fernsehseite hat es schon Versuche gegeben, den Wettbewerb den eigenen Interessen anzupassen, und nicht immer waren diese Versuche kultursensibel.

Ein „kulturelles Aushängeschild“

Was einem nun Sorgen machen kann: Die Umstände dieser Personalie wirken erst einmal merkwürdig. Michaela Monschein selbst möchte sie nicht kommentieren und verweist auf die offizielle Pressemitteilung. Die ORF-Kärnten-Landesdirektorin Karin Bernhard begründet den Wechsel, nachzulesen auf der Bachmannpreis-Homepage, damit, dass Monschein verstärkt in der Kulturberichterstattung für Ö1 und für ORF Kärnten eingesetzt werden solle.

Sehr stichhaltig klingt das nicht. Nach den Verdiensten Michaela Monscheins für den Bachmannpreis wäre da sowieso eine offizielle Würdigung, mindestens aber doch wohl ein öffentlich überreichter Blumenstrauß fällig gewesen. Wie von einer Sitzung am Montag – in der auch der Fernsehsender 3sat, der den Bachmannpreis alljährlich live überträgt, von dem Wechsel erfuhr – zu hören ist, wurde von ORF-Seite aber auf Erläuterungen und weitere Begründungen verzichtet.

So etwas macht hellhörig und erschwert auch den Start des Nachfolgers von Michaela Monschein. Er heißt Horst L. Ebner, ist 48 Jahre alt und beim Bachmannpreis alles andere als ein Unbekannter. Seit vielen Jahren berichtet er regelmäßig von dem Wettbewerb, als Literaturjournalist geht ihm ein guter Ruf voraus. Er bezeichnet den Wettbewerb als „kulturelles Aushängeschild" und will ihn „stärken". Dagegen ist erst einmal nichts zu sagen. Wie von 3sat zu hören ist, soll der Wettbewerb im Sommer 2013 genauso ablaufen wie im Jahr 2012.

Es kann also sein, dass sich diese Personalie gar nicht negativ auf den Wettbewerb auswirken wird. Nur: Man weiß es nicht. Und man wüsste gern mehr. Zumal für das Jahr 2014 eine größere Reform geplant ist, von der auch noch niemand genau weiß, wie sie ausgeht. Die Umstände des Wechsels auf dieser wichtigen Stelle im deutschsprachigen Literaturbetrieb bleiben sowieso erst einmal seltsam. Wäre gut, der ORF würde zur Aufklärung beitragen.

27 Nov 2012

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Dirk Knipphals

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