taz.de -- Von Polizisten vergewaltigte Tunesierin: Klage fallengelassen
Das Verfahren gegen die von Polizisten vergewaltigte 27jährige Tunesierin ist eingestellt worden. Jetzt sollen die Polizisten als Angeklagte vor Gericht.
TUNIS afp | Im Skandal um ein Strafverfahren gegen eine von Polizisten vergewaltigte Frau hat das Opfer einen ersten juristischen Erfolg erzielt: Das Verfahren gegen die 27-Jährige und ihren Freund wegen Verletzung der Sittlichkeit sei eingestellt worden, sagte die Anwältin Bochra Belhaj Hmida am Donnerstag der Nachrichtenagentur afp.
Außerdem habe der Richter entschieden, zwei Polizeibeamte wegen Vergewaltigung und einen dritten Polizisten wegen Korruption vor Gericht zu stellen.
Die Vergewaltigung der 27-Jährigen durch zwei Polizisten Anfang September hatte in Tunesien wie auch international für Empörung gesorgt, weil das Opfer nach der Tat wegen Verletzung der Sittlichkeit belangt werden sollte. Darauf steht in dem nordafrikanischen Land eine Strafe von bis zu einem halben Jahr Gefängnis.
Oppositionelle, Medien und Nichtregierungsorganisationen kritisierten, der Vorfall sei symptomatisch für die Frauenpolitik der islamistischen Regierungspartei Ennahda. Anfang Oktober entschuldigte sich Tunesiens Präsident Moncef Marzouki im Namen des Staates bei der Frau.
Das Vergewaltigungsopfer, das anonym bleibt, äußerte Genugtuung über die Gerichtsentscheidung. „Ich bin sehr zufrieden, auch wenn ich erwartet hatte, freigesprochen zu werden“, sagte die Frau dem Radiosender Shems FM. Dass die beiden Polizisten nun voraussichtlich als Vergewaltiger verurteilt würden, sei „der Beginn unseres Sieges“.
Die beiden Polizisten hatten ausgesagt, die junge Frau und ihren Verlobten in einem Vorort von Tunis bei sexuellen Handlungen in ihrem Auto überrascht zu haben. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft vergewaltigten daraufhin zwei Beamte die Frau, während ein dritter Polizist ihren Freund zu einem Geldautomaten fuhr, um ihm Geld abzunötigen.
30 Nov 2012
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Vor zwei Jahren forderten die Tunesier das Ende des Regimes Ben Ali. Jetzt rufen die einen nach einem Islamstaat, die anderen nach Freiheit und Arbeit.
Vor knapp zwei Jahren begann der „arabische Frühling“. Jetzt machen die Gewerkschaften des Landes gegen die regierenden Islamisten mobil.
Die tunesische Anwältin Bochra Belhaj Hmida spricht über den Kampf der Religiösen gegen die gebildete Elite und die politische Kraft der Zivilgesellschaft.
Für den sozialen Frieden müsse man mit den Islamisten zusammenarbeiten, sagt Präsident Marzouki, obwohl ein Teil von ihnen die Demokratie ablehne.
Sexuelle Gewalt gegen Frauen ist in Marokko verbreitet. Abtreibungen sind anders als in Tunesien und Algerien fast komplett verboten.
Eine Tunesierin wurde von Polizisten erst vergewaltigt, dann angeklagt. Die Justiz könnte die Ermittlungen gegen das Opfer bald einstellen.
Polizisten vergewaltigen eine junge Frau. Nach ihrer Anzeige landet sie selbst auf der Anklagebank. Tunesische Bürgerrechtler sind schockiert.
Ein Vorschlag für die neue tunesische Verfassung sorgt für Unmut. Dem Paragrafen zufolge „ergänzen“ Männer und Frauen einander. Frauen fordern aber die Gleichstellung.