taz.de -- Freitod von Aaron Swartz: Die Staatsanwältin wehrt sich
Carmen Ortiz weist den Vorwurf zurück, das Verfahren gegen Swartz hätte den Netzaktivisten in den Tod getrieben. Sie habe nur für sechs Monate Haft plädiert.
BERLIN/BOSTON dpa | Die Staatsanwaltschaft im US-Bundesstaat Massachusetts hat die Kritik an ihren Verfahren gegen den Internetaktivisten Aaron Swartz zurückgewiesen. Ihr Vorgehen sei angemessen gewesen, teilte Staatsanwältin Carmen Ortiz am Mittwochabend mit, wie der Boston Herald berichtet.
„Ich weiß, dass ich kaum etwas sagen kann, um die Wut derjenigen zu lindern, die meinen, das Verfahren gegen Swartz sei unnötig gewesen und habe in irgendeiner Weise zu dem tragischen Ende seines Lebens geführt“, schrieb sie. Auf einer Pressekonferenz betonte sie dann erneut und, so der [1][Boston Herald], fast schon mit Tränen in den Augen, wie sehr sie der Selbstmord von Swatz mitgenommen habe.
Der 26-Jährige Swartz hatte sich am Freitag selbst getötet. Am 1. April sollte gegen ihn ein Verfahren wegen Online-Kriminalität beginnen.
Swartz hatte über das Netzwerk des renommierten Massachusetts Institute of Technology eine wissenschaftliche Datenbank angezapft und im großen Stil Dokumente heruntergeladen. Ihm hätte deswegen eine Höchststrafe von mehreren Jahrzehnten im Gefängnis und eine hohe Geldstrafe gedroht.
Staatsanwältin Ortiz gab nun an, die Staatsanwaltschaft habe nie das Höchstmaß gefordert. Sie habe dem Richter in dem Fall eine Gefängnisstrafe von sechs Monaten empfehlen wollen. Dabei habe die Staatsanwaltschaft berücksichtigt, dass Swartz aus seinem Hack keinen persönlichen finanziellen Vorteil ziehen wollte. Der Deal sei jedoch gescheitert. Die Familie von Swartz hatte die Behörden scharf kritisiert und ihnen eine Mitschuld am Tod ihres Sohnes gegeben.
Nach dem Suizid von Aaron Swartz wurde auf der Bürgerbeteiligungs-Webseite des Weißen Hauses eine [2][Petition] lanciert, in der die Entlassung von Carmen Ortiz gefordert wird. Über 40.000 User haben sie schon unterschrieben.
18 Jan 2013
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