taz.de -- Geschlossene Heime: Auf dem Bett liegen verboten

In der Haasenburg bringt Hamburg verhaltensauffällige Jugendliche unter.. Über den Inhalt der Betreuungsverträge ist nichts zu erfahren.
Bild: Haus der Haasenburg GmbH in Brandenburg: Bereits am 24. April 2012 hatte das ZDF-Magazin "Frontal 21" über dubiose Praktiken berichtet.

HAMBURG taz | Die Unterbringung von 15 verhaltensauffälligen Hamburger Jugendlichen in den drei Heimen der brandenburgischen Haasenburg GmbH wird am Donnerstag die Bürgerschaft beschäftigen. Linke und Grüne werden je einen Antrag zur Wiedereinsetzung der externen Aufsichtskommission für geschlossene Heime stellen. Wie die Sozialbehörde berichtet, kamen zwei Jugendliche im Januar auf Richterbeschluss frei. Die übrigen 13 sind noch dort, die meisten in „Phase rot“.

Die taz sprach inzwischen mit Eltern aus anderen Bundesländern, deren Kinder gegen deren Willen dort sind. Sie bestätigen die Berichte von Anwälten, wonach „Phase rot“ extreme Isolation bedeuten kann. Ein Sohn verbringe den Tag allein in seinem Zimmer. Auf seinem Bett dürfe er nur sitzen, nicht liegen. An die frische Luft komme er nur 20 Minuten unter Bewachung. Schule gebe es nicht, er müsse allein im Zimmer Arbeitsblätter ausfüllen. Auch essen müsse er allein auf dem Zimmer.

So eine Isolation von andern Gleichaltrigen über Monate sei für Jugendliche in der Identitätsbildungsphase schädlich, warnen Kritiker. Die Haasenburg schreibt, ihr Konzept sei in der Fachwelt anerkannt. Die Hamburger Sozialbehörde hält die Einrichtung für geeignet, nennt die Erfahrungen positiv.

Von der Aufsichtskommission erhoffen sich Linke und Grüne, dass sie das Konzept überprüft und sich auch unangemeldet Zugang verschafft. Laut Hamburger Landesgesetz ist diese Kommission auch für Kinder zuständig, die außerhalb der Stadt in Heimen eingeschlossen sind. Mit den Trägern seien dafür Vereinbarungen „anzustreben“, heißt es dort. „Wenn das mit der Haasenburg nicht möglich ist, dann dürfen die Kinder dort eben nicht hin“, sagt die Linke-Abgeordnete Christiane Schneider.

Grüne sind dagegen

Ihre Partei sei gegen geschlossene Heime, sagt die Grüne Christiane Blömeke. Doch da es dafür derzeit keine Mehrheit gebe, müsse wenigstens die Kommission wiederbelebt werden. Diese müsse von allen Kindern erfahren, die geschlossen untergebracht werden.

50 Hamburger Jugendliche sind bisher in den Heimen der Haasenburg untergebracht worden. Die ersten fünf Jungen kamen 2008, kurz nachdem der Hamburger Jugendarrest Feuerbergstraße aufgelöst worden war, der bisher für sie zuständig gewesen wäre. Von Ende 2008 datiert auch ein Formular der Haasenburg, dass der taz vorliegt, in dem die Sorgeberechtigten bei Bedarf sogar in die Fixierung an ein Bett einwilligen. Bela Rogalla, dem Landeschef der Linkspartei, liegen ferner ein Vertrag samt Anlagen aus 2010 vor, mit denen die Sorgeberechtigten in das, so Rogalla, „autoritäre Konzept und zahlreiche Grundrechtseingriffe“ einwilligten. So werde etwa die Post kontrolliert.

Verträge sind geheim

Nach Auskunft des Landesjugendamtes Brandenburg soll sich seither vieles geändert haben. Doch die gültige Fassung der Vertrags-Anlagen gibt die Haasenburg GmbH nicht heraus. Rogalla bohrte nach und wandte sich als Bürger an den Leiter des Amtes für Familie, Uwe Riez. Er bat um die „vollständigen (Muster-) Vertragstexte“, die das Hamburger „Familieninterventionsteam“, ein Spezialjugendamt für delinquente Kinder, oder die Amtsvormünder in Verbindung mit der Haasenburg unterzeichnen – und berief sich aufs neue Hamburger Transparenzgesetz, das Behördenakten zugänglich machen soll.

Daraufhin antwortete Riez, dass „weder das Familieninterventionsteam noch die Amtsvormünder im Zusammenhang mit der Unterbringung von Kindern und Jugendlichen in der Haasenburg Verträge abschließen“. Auch dem Büro des von Rogalla eingeschalteten Datenschutzbeauftragten gab Riez diese Auskunft.

Die taz hakte mehrfach bei der Sozialbehörde nach, erhielt einen Muster-Vertragstext ohne die Anlagen und erfuhr schließlich, dass derzeit fünf Jugendliche in der Haasenburg sind, für die die Amtsvormünder der Sozialbehörde Betreuungsverträge unterschrieben hätten. Zu der Frage, wie dies zu Riez’ Aussagen passt, gab die Behörde keine Stellungnahme ab.

20 Jan 2013

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Kaija Kutter

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