taz.de -- Bildungsministerin Schavan tritt zurück: Ex-Doktorin wird Ex-Ministerin
Nach der Plagiatsaffäre um ihre Dissertation ist Bildungsministerin Schavan zurückgetreten. Ihre Nachfolgerin wird Niedersachsens Wissenschaftsministerin Johanna Wanka.
BERLIN dpa | Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) tritt zurück. Das gab Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am Samstag in Berlin nach einem Treffen mit Schavan bekannt. Zugleich teilte sie mit, dass die bisherige niedersächsische Wissenschaftsministerin Johanna Wanka (CDU) Nachfolgerin werden soll.
Die Universität Düsseldorf hatte Schavan am Dienstag wegen „vorsätzlicher Täuschung“ in ihrer Promotionsarbeit den Doktortitel entzogen. Schavan will dagegen klagen.
Nach ihrer Unterredung mit Merkel im Kanzleramt sagte Schavan, sie habe weder abgeschrieben noch getäuscht. "Die Vorwürfe treffen mich tief." Sie wolle mit ihrem Rücktritt Belastungen für das Amt und die Bundesregierung vermeiden. „Das Amt darf nicht beschädigt werden.“ Nun wolle sie sich auf ihr Bundestagsmandat konzentrieren.
Die Kanzlerin sagte, Schavan habe ihren Rücktritt am Freitagabend angeboten. Sie habe ihn „sehr schweren Herzens“ angenommen. Merkel bescheinigte Schavan außerordentliche Leistungen in ihrem Ministeramt.
Die 57-jährige Schavan gilt als enge Vertraute Merkels und war seit 2005 Bundesbildungsministerin. Erste Plagiatsvorwürfe gegen sie waren Ende April 2012 anonym im Internet aufgetaucht.
Schavan hatte Plagiate und eine Täuschungsabsicht in ihrer 1980 verfassten Doktorarbeit stets bestritten und die Prüfung durch die Uni selbst mitangeregt.
9 Feb 2013
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Als ihr der Doktortitel aberkannt wurde, war sie auch ihren Ministerjob los. Nun ist Annette Schavan Hochschulrätin der Uni München. Wissenschaftler sind entsetzt.
Der weltberühmte Doktor Eisenbarth hatte schon zu Lebzeiten einen schlechten Ruf und verfasste deshalb die Mutter aller Promotionen.
Johanna Wanka (CDU) hat einen Professoren- und auch einen Doktortitel. Und: Die neue Bundesbildungsministerin will Studiengebühren.
Konsequent und notwendig. Die Reaktionen auf den Rücktritt der Bildungsministerin sind nahezu einhellig. Doch die Opposition spart nicht mit Spott.
Ein Fall aus dem Bildungsministerium zeigt, wie problematisch das Geschäft mit Honorarprofessuren ist. Schavan stand diesem System vor.
Mehr als zwölf Jahre wirkte Johanna Wanka in zwei Bundesländern schon als Hochschulministerin. Sie gilt als konservativ, aber pragmatisch.
Eine Bildungsministerin kann nicht glaubwürdig arbeiten, wenn ihr der Ruch des Betruges anhaftet. Schavan hat das erkannt und schnell gehandelt.
Für Geld sucht Martin Heidingsfelder nach Plagiaten in Doktorarbeiten. Seine alten Kollegen vom VroniPlag-Wiki sind nicht so gut auf ihn zu sprechen.
Die Union gönnt ihrer Ministerin noch eine Denkpause, spekuliert aber bereits über mögliche Nachfolger. Ein Überblick über Merkels Optionen.
Warum tun sich Politiker mit einem Abgang in Würde so oft so schwer? Was uns die Causa Schavan über den Politikbetrieb in unserem Land lehren kann.
In Schulen und Unis wird kräftig plagiiert, sagen Schüler, Studenten und Bildungsforscher. Lehrende merken oft nicht, wenn etwas faul ist.