taz.de -- Samoa Air kalkuliert mit Körpergewicht: Dicke fliegen teuer zum Kilopreis

Fettes Schweinefleisch ist auf Samoa sehr beliebt. Entsprechend beleibt sind viele Bewohner. Die Fluglinie des Pazifikstaates hat reagiert.
Bild: Das wird teuer!

SYDNEY taz | Samoa Air ist die erste Fluglinie der Welt, die den Flugpreis nur noch nach dem Gewicht der Passagiere berechnet, und nach ihrem Gepäck. Wie Unternehmenschef Chris Langton gegenüber Radio Australia meinte, erlaube die Maßnahme die „fairste Art des Reisens“. Es gebe bei der im letzten Jahr gegründeten Fluglinie keine versteckten zusätzlichen Aufschläge, etwa für Übergepäck.

„Ein Kilo ist ein Kilo“, so Langton. Traditionell würden Fluglinien nach der Zahl der verfügbaren Sitze betrieben. „In Wirklichkeit aber zählt das Gewicht“. Für eine Fluglinie, die in einem der isoliertesten Gebiete der Welt tätig ist und den Treibstoff aus tausenden von Kilometern Entfernung importieren muss, treibt jedes zusätzliche Kilo die Betriebskosten maßgeblich in die Höhe. Fluglinien kalkulierten ihre Preise nach dem Gewicht eines „statistischen Durchschnittspassagiers“, so Langton.

Das funktioniere etwa in Südostasien gut, wo die Menschen generell leichter seien. Nicht aber im Pazifik. „Hier ist das Durchschnittsgewicht deutlich höher. Und wir sehen große Variationen. Menschen mit einem Gewicht von 60 Kilos, aber auch solche von weit über 150 Kilos“. Samoaner sind bekannt dafür, dass sie gerne reichhaltige Speisen konsumieren. Fettes Schweinefleisch gilt als Delikatesse. Entsprechend weit verbreitet sind gesundheitliche Probleme wie Kreislaufstörungen, Stoffwechselkrankheiten und vor allem Übergewicht.

Wer bei Samoa Air einen Flug kauft, muss bereits bei der Buchung auf der Webseite sein Körpergewicht eintragen, sowie das Gewicht des Gepäcks. Aus dem Gesamtgewicht wird der Flugpreis pro Kilo errechnet. Beim Einchecken am Flughafen werden Gäste und Gepäck nochmals gewogen – um sicherzustellen, dass die Passagiere nicht geschummelt haben. Vor allem Familien mit kleinen Kindern seien positiv überrascht, dass sie heute deutlich weniger für ihre Flüge bezahlen müssen als unter der traditionellen Methode der Preisberechnung.

Grösser, schwerer, breiter

Chris Langton glaubt, die Kalkulation nach Gewicht sei die Zukunft für die Luftfahrtindustrie. „Der Standard der Sitze, der Sitzabstand, die Sitzbreite – sie mussten angepasst werden, weil Passagiere heute grösser, schwerer und breiter sind als vor 40 bis 50 Jahren“.

Auch größere Fluglinien diskutieren immer wieder über die Möglichkeit, das Gewicht von Passagieren und Gepäck als Grundlage für ihre Preise zu verwenden. Sie fürchten jedoch, sich damit dem Vorwurf der Diskriminierung von Übergewichtigen auszusetzen. Einige amerikanische Airlines verlangen von schwergewichtigen Passagieren aber schon länger, einen zweiten Flugschein zu kaufen, falls ihr Gesäß nicht auf einen Sitz passt.

3 Apr 2013

AUTOREN

Urs Wälterlin

TAGS

Verbraucherrechte

ARTIKEL ZUM THEMA

Gerichte stärken Fluggastrechte: Chaos beim Abflug

Reiseveranstalter dürfen die Abflugzeiten nicht einfach ändern, diese Meinung vertreten gleich mehrere Gerichte. Noch ignorieren Reiseanbieter diese Urteile.

Chef von Ryanair fühlt sich unterbezahlt: „Ich ackere 50-mal so viel“

Michael O’Leary ist ein armer Chef. Er kassiert 1,2 Millionen Euro im Jahr, doch gemessen an seinem Einsatz für Ryanair sei das zu wenig, meint er.

Zeitsprung im Südpazifik: Samoa lässt 30. Dezember ausfallen

Der kleine Inselstaat rückt mit der Verschiebung der Datumsgrenze nach Osten näher an seine wichtigsten Handelspartner heran.

Neue Internet-Flugsuche: Google attackiert Reiseagenturen

Google bietet in den USA eine neue Flugsuche an. Damit umgeht der Konzern etablierte Reiseagenturen. Auch in Deutschland werden Firmen jetzt nervös.

Kommentar Airline-Index: Druckmittel gegen Überflieger

Der Airline-Index ist keine Lösung, aber sinnvoll. Einzelnen Unternehmen kann man jetzt schwarz auf weiß ihre schlechte Performance vorhalten.