taz.de -- Kommentar Sexismus: Auch nackte Ironie braucht Regeln

Wie weit darf die Körperlichkeit in der Werbung gehen? Die Aktivistinnen von Pinkstinks fordern, was längst fällig war: feste Kriterien.
Bild: Frauenbeine verkaufen sich gut. Manchmal sogar besser als die Autos, die sie bewerben.

Zwei gespreizte, nackte, lange Frauenbeine, zwischen ihnen steht ein Männerdeo. „Reizt Frauen, nicht die Haut“ – so wirbt ein Kosmetikunternehmen für Männerduschcreme, Aftershave, Haargel.

Ob das sexistisch ist oder nicht, entscheiden zunächst die BetrachterInnen. Die Übergänge von nackter Ironie über subtile Abwertung bis hin zur klaren Diskriminierung sind ja fließend. Hier Kriterien zu finden, die klar regeln, was zulässig ist und was verboten gehört – so wie das die Kampagne Pinkstinks plant –, dürfte nicht einfach sein.

Wie soll festgelegt werden, was man noch lustig finden darf und was schon diskriminierend ist? Und vor allem: Wer legt das fest? Die Toleranten oder die Miesepetrigen?

Dass die Spannbreite an dieser Stelle so groß und eine Abgrenzung so schwierig ist, liegt allerdings auch an den eingefahrenen Sehgewohnheiten: Nicht nur Unterwäsche oder Kosmetik, auch Autos oder Eiscreme werden seit Jahrzehnten mit mehr oder weniger nackten Frauen beworben.

Das kennt das Auge, das wurde lange Zeit nicht hinterfragt, sondern als selbstverständlich hingenommen. Auf diese Weise werden Geschlechterstereotypen immer wieder reproduziert, Sexismus ist längst Alltag.

Die „Aufschrei“-Kampagne zu Beginn des Jahres, ausgelöst durch die bekannt gewordenen anzüglichen Bemerkungen des FDP-Politikers Rainer Brüderle, wollte das durchbrechen. Einen Moment lang hatte die Aufdeckung sexistischer Mechanismen und das Anprangern herabwürdigender Verhaltensweisen Hochkonjunktur.

Was ist davon geblieben nach nur einem halben Jahr? Fast nichts. Insofern ist jede Sexismus geißelnde Debatte willkommen.

3 Sep 2013

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Simone Schmollack

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