taz.de -- Nach Anschlag auf griechische Neonazis: Keine Spur von den Mördern

Ging die Erschießung von zwei Mitgliedern der „Goldenen Morgenröte“ in Athen auf das Konto von linken Militanten? Die Polizei bezeichnet die Täter als kaltblütige Profis.
Bild: Ein Team von Spezialisten untersucht den Tatort in einer Athener Vorstadt.

ATHEN dpa | Einen Tag nach den tödlichen Schüssen auf zwei Mitglieder der griechischen Neonazipartei „Goldene Morgenröte“ fehlt von den Tätern noch jede Spur. Experten gehen davon aus, dass Mitglieder linker Untergrundorganisationen, die sich als Stadtguerilla bezeichnen, hinter dem Anschlag stecken könnten. Bei dem Anschlag auf offener Straße in der Athener Vorstadt Irakleion wurde in dritter Mann schwer verletzt. Er schwebt weiter in Lebensgefahr.

„Es war ein sozusagen professionell ausgeübter Anschlag“, sagte ein Polizeioffizier. Die Täter hätten nach einem „genauen Plan agiert und kaltblütig geschossen.“

Die Opfer sind 22 und 27 Jahre alt, wie die Polizei mitteilte. Der Verletzte sei ein 29-Jähriger. Die griechische Presse veröffentlichte Fotos der beiden Opfer. Diese waren bekannte Mitglieder in der rechtsextremistischen „Goldenen Morgenröte“. Dies bestätigte die Partei auf ihrer Homepage.

Die Täter kamen auf dem Motorrad

Eine ballistische Überprüfung habe ergeben, dass die Tatwaffe noch nie bei einem Terroranschlag oder Raubüberfall benutzt worden sei, berichtete der staatliche Rundfunk am Samstag unter Berufung auf die Polizei.

Die Täter seien mit einem Motorrad gefahren und hätten Helme und Handschuhe getragen, berichteten Augenzeugen. Am Tatort seien zwölf Patronen mit einem Kaliber von neun Millimetern gefunden worden, teilte die Polizei am Samstag mit.

Die Täter wollten nach Meinung vieler griechischer Kommentatoren mit dem Anschlag das Land destabilisieren. „Zwölf Kugeln gegen die Demokratie“, titelte die Athener Zeitung Ta Nea am Samstag. „Hinrichtung mit Ziel die Normalität“, meinte das Boulevardblatt Ethnos.

Alle griechischen Parteien verurteilen den Anschlag. Regierungssprecher Simos Kedikoglou sagte am Abend nach einem Treffen mit Regierungschef Antonis Samaras, Justiz und Gesellschaft würden energisch gegen solche Angriffe vorgehen. „Das sollen die Mörder wissen“, sagte er.

Die Polizei hatte Hinweise auf Racheakte

Mitte September hatte ein mutmaßliches Mitglied der „Goldenen Morgenröte“ einen linken Rapper in der Hafenstadt Piräus mit Messerstichen getötet. Danach wurde in Griechenland befürchtet, der Angriff könnte schwerwiegende Folgen für die politische Stabilität des Landes haben.

Der Polizei lagen seit Wochen Hinweise vor, dass eine Art Racheakt linker Untergrundorganisationen bevorsteht. Autonome linke Gruppierungen hatten in den vergangenen Jahren in Griechenland wiederholt Sprengstoffanschläge verübt und auch Polizisten erschossen.

Der Chef der Rechtsextremisten, Nikolaos Michaloliakos, sowie weitere zwei Abgeordnete und Dutzende Mitglieder der „Goldenen Morgenröte“ sitzen seit Anfang Oktober in Untersuchungshaft. Die Justiz wirft ihnen vor, die Partei in eine kriminelle Vereinigung umgewandelt zu haben.

Die „Goldene Morgenröte“ profitierte vor allem von den dramatischen Folgen der Finanzkrise für Griechenland und dem Zustrom von Migranten. Die Neonazi-Partei stieg in den vergangen vier Jahren von der Bedeutungslosigkeit auf. Sie stellt 18 der 300 Abgeordneten im griechischen Parlament. Nach Umfragen ist sie drittstärkste politische Kraft.

2 Nov 2013

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