taz.de -- Persiflage auf Kanye Wests „Bound 2“: Seth macht James die Kim
Zwei Männer, ein Motorrad. Wie aus dem neuen Video der Hip-Hop-Größe Kanye West auf einmal ein homoerotisches Abenteuer wird.
Ein gut aussehender Mann rast auf dem Motorrad durch eine kitschig-leuchtende Landschaft. Wilde Pferde galoppieren mit wehender Mähne durch die Ebene. Auf einer Harley wird im Halbschatten die Silhouette eines sich lasziv räkelnden Körpers sichtbar. Dann ein Zoom – auf die haarige Brust von Seth Rogen. Was? Ja! Es ist der wunderbare Beginn einer Parodie auf Kanye Wests neuestes Musikvideo „Bound 2“. Der Comedian hat sie gemeinsam mit dem Künstler und Schauspieler James Franco produziert.
Kein ferner Gedanke, denn das neue Werk des Rappers bietet genügend Angriffsfläche. Begleitet von einer bestenfalls mittelmäßigen musikalischen Darbietung, fällt es schwer, die Bilder von dem durchs Gelände rauschenden Kanye West ernstzunehmen.
Spätestens mit dem Auftritt von Kim Kardashian, deren künstlerischer Anteil sich darauf beschränkt, im Kopfkino der Zuschauer einen schlüpfrigen Film anzuschmeißen, ist aber klar: Das ist der traurige Höhepunkt im Schaffenswerk eines Künstlers, der seit Beginn seiner Karriere als Hip Hop-Hero und Stilikone gefeiert wurde. In letzter Zeit aber hauptberuflich die Klatschpresse befüttert.
Heteronorme Videokunst
Diese Sternstunde der heteronorm überzeichneten Videokunst braucht kaum Änderung, um sie als die Posse zu entlarven, die „Bound 2“ ist. Das sehen Franco und Rogen offensichtlich genauso und übernehmen für [1][ihre Version] alles, von der animierten Szenerie über die Kostüme bis zur Bildabfolge: Kardashian mit nacktem Oberkörper an den Lenker gelehnt, Kardashian auf dem Schoss von West, zwei romantisch Verbandelte Wange an Wange im Postersetting.
Mit der winzigen Ausnahme, dass der leicht untersetze Seth Rogen Kardashian ersetzt. Und das ist sicherlich der größte Coup. Durch die schlichte Umbesetzung des weiblichen Beiwerks wird Fremdscham zur Schadenfreude.
Kanye West wird die Neuinterpretation seiner Verlobten wohl kaum zum Schmunzeln bringen. Mit einer homoerotischen Fassung könnte er aber grundsätzlich entspannt umgehen. Schließlich setzt er sich selbst [2][seit längerem gegen Homophobie im Rap] ein – nicht zuletzt weil sich sein Cousin geoutet hat.
Die Videopremiere des Originals von Kanye West fand vor einigen Tagen in der Show von US-Talkerin Ellen DeGeneres statt, die ersten Zuschauer suchte man sich also gezielt im (Spieß-)Bürgertum.
So einen Skandal durch Sex provozieren zu wollen ist genauso platt, wie der Testosteron-Traum der dargebotenen Geschichte rund um den starken Mann zwischen einsamem Wolf und zeitgemäßem Romeo, der seiner nackten Gefährtin liebevoll zuraunt: „Close your eyes and let the word paint a thousand pictures. One good girl is worth a thousand bitches“.
26 Nov 2013
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