taz.de -- Kommentar Fracking in Polen: Zeit kaufen für die Energiewende

Es spricht einiges gegen das Fracking von Schiefergas. In Kohleländern wie Polen macht es aber mitunter auch Sinn – um Zeit für den Umstieg zu gewinnen.
Bild: Umstrittenes Verfahren: Eine Frackinanlage in Colorado

Da sage noch einer, Klimakonferenzen brächten keine Resultate! Keine Woche nach dem angeblich gescheiterten UN-Gipfel in Warschau verkündet die polnische Regierung, man werde jetzt ins „Fracking“ von Schiefergas einsteigen. Kohlegipfel, Konfrontation mit der EU, Sponsoring durch Kohle- und Ölkonzerne: Das Image des Klimasünders war den Polen ziemlich peinlich. Ob das mit dem polnischen Gasboom etwas wird, bleibt abzuwarten. Die Frage aber ist, ob Fracking der Klimapolitik hilft.

Die Antwort ist nicht so einfach. Die Öl- und Gaslobby (oft dieselben Konzerne, ExxonMobil, Chevron und Co) preist den Umstieg von Kohle zu Gas als Klimaschutz. Das stimmt. Sie verschweigt dabei aber gern, dass das Klimagift Methan aus den Frackinglöchern 26-mal so klimaschädlich ist wie CO2. Trotzdem würde unter dem Strich etwa die polnische Klimabilanz grüner, wenn mehr Gas und weniger Kohle verbrannt würde.

Gegen das Fracking spricht die Gefahr fürs Grundwasser. Berechtigt, wenn man in die USA sieht – aber beherrschbar, wie Jahrzehnte des unfallfreien Frackens in Deutschland zeigen. Verhindert billiges Gas nicht den Umstieg auf Erneuerbare und damit echten Klimaschutz? Ja, allerdings nur in Ländern wie Deutschland. Hier gibt es wenig Schiefergas, viel Widerstand und viele Erneuerbare. In Polen, China und den USA allerdings würde gefracktes Gas durchaus helfen, die Emissionen kurzfristig zu senken und Zeit zu gewinnen für den Umstieg.

Denn Wind und Sonne stehen da keineswegs vor dem Durchbruch. Wer die Klimaberichte liest, merkt: Wir müssen von den Emissionen runter, fast mit allen Mitteln. Fracking ist bisher ein Teil des Problems. Mit genügend Sorgfalt der Firmen und Aufmerksamkeit durch Kritiker könnte es in Kohle- zu Gasländern zum Teil einer Zwischenlösung werden.

30 Nov 2013

AUTOREN

Bernhard Pötter

TAGS

Energiewende
Polen
Fracking
Kohle
Schiefergas
Energiewende
Fracking
Fracking
Fracking
Energiewende
Fracking

ARTIKEL ZUM THEMA

Kommentar zur GroKo-Klimapolitik: Hätte, hätte, Menschenkette

Unrealistische Ziele und weiche Kompromisse: Der Koalitionsvertrag von Union und SPD steht im Zeichen eines klimapolitischen Tiefschlafs.

Fracking in Polen: „Ökologisch eine gute Nachricht“

Das Kohleland Polen will 2014 als erstes Land in Europa mit der Ausbeutung von Schiefergas beginnen. Unklar ist, wie groß die Reserven sind.

700 Unternehmen fordern Verantwortung: Großes Bündnis gegen Gas-Fracking

Die „Gelsenkirchener Erklärung“ fordert strikte gesetzliche Regeln für die Gasförderung aus tiefem Gestein. Gesundheit und Umwelt gehen vor.

Zu hohe Erwartungen an den Gasboom: Die große Frackingblase

In den USA freut man sich über billige Energie, in Deutschland ist man vielerorts neidisch. Doch die Fracking-Methode hat kaum Zukunft.

Debatte Energiewende: Flache Gipfel

Bei den Koalitionsverhandlungen zum Thema Energie geht es um Paragrafen und Fristen – nicht um eine weltweite Katastrophe. Das sollte es aber.

Disput um Fracking im Norden: Harter Kurs im Untergrund

Schleswig-Holsteins grüner Energieminister Habeck verschärft die Ablehnung der umstrittenen Gasförderung und fordert so bundespolitischen Zwist mit dem Koalitionspartner SPD heraus.