taz.de -- Internet unter Wasser: Kakophonie unter dem Meeresspiegel
Mit Schallwellen soll auch unter Wasser eine schnelle Verbindung ins Internet möglich sein. Offen ist, wie die Tierwelt darauf reagieren wird.
Bisher stieß die moderne Informationsgesellschaft an eine natürliche Grenze. Unter Wasser war das Internet in der Regel nicht verfügbar. Dies soll sich, so berichtet die deutsche Ausgabe des Technikmagazins Technology Review, zukünftig ändern.
Schon jetzt gibt es zwar die Möglichkeit, elektronische Daten drahtlos unter Wasser zu übertragen. Elektromagnetische Wellen haben es in jenem Medium aber schwer. Deshalb werden die Informationen per Schallwellen gesendet. Bei der Übermittlung von Erdbebendaten vom Meeresboden wird diese Methode bereits eingesetzt.
Allerdings wird hierbei eine andere Computersprache benutzt als die, die im Internet gesprochen wird. Forscher an der University of Buffalo/USA kreierten nun eine modifizierte Sprache, die internetfähig und trotzdem per Schall übertragbar ist.
Zusätzlich entwickelten sie eine etwa 20 Kilogramm schwere Boje, die elektromagnetische in akustische Signale und akustische in elektromagnetische Signale umwandeln kann.
Zwar ist die Übertragungsgeschwindigkeit noch sehr gering, sie entspricht in etwa der der 1980er Jahre, als Modems Telefonsignale in digitale Daten wandelten. Aber ein erster Test im Eriesee zeigte den Forschern aus Buffalo, dass ihre Technologie grundsätzlich funktioniert. Einer flächendeckenden Verfügbarkeit des Internets auf allen Meeren steht also grundsätzlich nichts mehr im Wege. Eine Frage aber ist noch, ob diese Entwicklung auch umweltverträglich ist?
Vorbild waren Delfine
Christian Wild vom Leibniz-Zentrum für Marine Tropenökologie in Bremen erklärt, dass es noch keine wissenschaftlichen Untersuchungen bezüglich der Auswirkungen von akustisch übermittelten Internetverbindungen auf Meeresorganismen gibt. Seiner Meinung nach könnte es aber zu Störungen bei der Kommunikation zwischen Meeressäugetieren und auch Fischen kommen, denn diese kommunizieren in einem breiten Frequenzbereich zwischen etwa 50 Hertz bis zu mehreren Tausend Hertz. Ein Zusammenhang zwischen der Strandung von Walen und Delfinen und der Zunahme von künstlich erzeugtem Schall unter Wasser wird in der Fachwelt diskutiert.
Eine der Technologien der akustischen Datenübermittlung unter Wasser haben sich die Menschen, so erklärt der Meeresbiologe Boris Culik aus Heikendorf bei Kiel, sogar direkt bei Delfinen abgeguckt. Da ähnliche Frequenzen benutzt werden, könnten künstliche Schallquellen das Leben der Meeressäuger durchaus negativ beeinflussen.
Akustische Vermüllung
Es gebe bereits viel vom Menschen erzeugten Lärm unter Wasser, so Culik. Der Wissenschaftler nennt mehrere Beispiele. Die Sockel für Bohrinseln und Windräder werden in den Meeresboden gerammt. Militärs forschen mit energiereichen Echolotimpulsen, die bis zu 100 Kilometer weit reichen.
Auch Geologen, die nach Bodenschätzen suchen, benutzen Schallquellen. Zusammen mit dem Lärm der Schiffsschrauben und den Echolots der Schiffe entsteht eine menschengemachte Kakofonie in den Ozeanen.
Der massenhafte Einsatz maritimer Sendeeinrichtungen zur Erweiterung des Internets auf die Tiefsee wäre ein weiterer Schritt, die Meere akustisch zu vermüllen. Eine Erforschung der Risiken dieser Entwicklung erscheint in diesem Zusammenhang dringend geboten.
Ein anderer Aspekt erscheint im Hinblick auf zukünftige Flüchtlingsströme wichtig. Die Datenverbindungen könnten auch genutzt werden, Seegrenzen vor Eindringlingen zu schützen. Technology Review nennt hierbei allerdings als einziges Beispiel die Bekämpfung des Drogenschmuggels.
8 Dec 2013
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