taz.de -- Die Wahrheit: Elfensex im Schlaf
Neues aus Neuseeland: Die Gerichte in Aotearoa sind unberechenbar, wenn es um die Causa Sex geht und so mancher Freispruch macht wütend.
Eigentlich waren wir ganz brav. Diesmal meine ich nicht die Kiwis. Bis auf den megamäßigen Kim Dotcom hat im vorigen Jahr kein auffälliger Exil-Deutscher Schlagzeilen in Neuseeland gemacht. Für so wenig Fremdschämen ist man ja schon dankbar. Fremdleiden mit den Landsleuten war da schon eher nötig. Am Weihnachtsmorgen wurde ein deutscher Tourist auf der Ziegenjagd angeschossen. Zwei Tage später verdroschen Einheimische zwei junge deutsche Rucksackreisende in ihrem Zelt aufs Übelste. Die Opfer kamen in die Klinik und auf die Titelseiten und sind noch immer entstellt.
Und dann hatten wir jene, die sich 2013 vor Gericht wiederfanden. Zwei deutsche Touristinnen, beide 18, wurden im Albert Park in Auckland überfallen und sexuell bedroht. Sie hatten Todesangst. Schließlich stand der Täter vor Gericht, wurde aber nur wegen schweren Raubüberfalls zu drei Jahren verknackt. Die anderen Anklagen ließ man fallen. Der Fall macht wütend.
Richter John Priestly begründete das milde Urteil der Jury mit dem „Leichtsinn der beiden jungen Opfer“: „So wie sie angezogen waren, führte das zu berechtigten Zweifeln.“ Auch in Aotearoa kann sich nämlich kein Mann beherrschen, wenn leicht bekleidete Ausländerflittchen einfach spätabends in öffentlichen Anlagen herumspazieren. 120 Jahre, nachdem Neuseeland als erstes Land der Welt das Frauenwahlrecht einführte und generell recht stolz auf seine feministische Grundhaltung ist, war der Juryspruch ein Rückfall in prähistorische Zeiten. Zum Glück sahen das die meisten Kiwis genauso. Der Aufschrei war groß.
Still und heimlich hat dagegen der Deutsche Marcus Balzer wieder das Land verlassen, nachdem er ein halbes Jahr hinter Gittern saß. Im März war er am Flughafen von Christchurch festgenommen worden, als er aus Dubai einflog. Im Gepäck, auf seinem Laptop: 34.154 „Manga“-Comics, genauer „anime cartoons“ oder „Hetai“ – japanische Porno-Zeichnungen, die Männer beim Sex mit Schulmädchen und Kindern zeigen. Balzer stellte daraus E-Books für seine Kunden zusammen. In Deutschland war er bereits zweimal wegen sexuellen Missbrauchs und Kinderpornografie verurteilt worden.
Erst kurz zuvor landete ein Neuseeländer im Gefängnis, der sich diese Art von Aufgeilmaterial als Zeichentrickfilme heruntergeladen hatte. Seine Verteidigung erklärte vor Gericht: Es seien darin ja nicht Menschen zu sehen, sondern nur „Elfen und Trolle“. Juristisch und ethisch eine Gratwanderung, die sogar Philosophieprofessoren von Lincoln bis Auckland beschäftigte: Wenn zum Beispiel große Strichmännchen mit klitzekleinen rummachen, fällt das dann unter Kinderpornografie?
Ebenfalls umstritten: Der Fall des Schlafwandlers in Auckland, der von der nächtlichen Belästigung eines Teenagers freigesprochen wurde. Er ist nicht Deutscher, aber hat dafür ein Leiden: Sexsomnie – eine Schlafstörung, bei der man Sex will, ohne es zu wissen. Danach kann man sich an nichts mehr erinnern. Höchstens an Elfen. Im neuen Jahr kann alles für alle nur besser werden.
1 Jan 2014
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