taz.de -- Netzrückkauf: Hamburg kriegt HEW zurück

Hamburg und Vattenfall einigen sich über den Verkauf der Fernwärme- und Stromleitungen, wie vom Volksentscheid gefordert.
Bild: Bürgermeister Ortwin Runde und Vattenfall-Chef Jörgen Andersson unterzeichnen 1999 den Verkauf des ersten Viertels der hamburgischen Electricitäts-Werke.

Hamburg setzt die größte Rekommunalisierung von Energienetzen in Deutschland um. Die Stromnetze des Konzerns Vattenfall wird die Stadt bereits in wenigen Wochen übernehmen, die Fernwärmenetze zum 1. Januar 2019. Zudem werden konkrete Verhandlungen mit Eon Hanse über den Rückkauf des Gasnetzes aufgenommen. Damit werde der Volksentscheid vom 22. September „zügig, energisch und voller Empathie umgesetzt“, sagte Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) am Donnerstag im Rathaus.

Die Verträge sind Donnerstagfrüh unterschrieben worden und müssen noch von Senat und Bürgerschaft sowie dem Vattenfall-Aufsichtsrat gebilligt werden. Danach übernimmt die Hamburger Vermögensholding HGV 100 Prozent an der Stromnetz Hamburg GmbH sowie später an mehreren weiteren Vattenfall-Gesellschaften. Den genauen Kaufpreis sollen unabhängige Gutachter ermitteln. Er soll vorläufig 550 Millionen Euro betragen, mindestens aber 495 Millionen Euro. Da die Stadt bereits 2011 ein Viertel des Netzes für 138 Millionen Euro erworben hat, ist dieser Betrag von der Endsumme abzuziehen.

Für das Fernwärmenetz erhält die Stadt eine Kaufoption zum 1. Januar 2019. Dieses Netz wird weitere 950 Millionen Euro kosten, bei Realisierung des geplanten Gaskraftwerks in Wedel steigt der Preis auf 1,15 Milliarden Euro. Auch hier sollen Gutachter den in vier Jahren aktuellen Unternehmenswert ermitteln. Auch hier hält die Stadt bereits ein Viertel der Anteile im Wert von 325 Millionen Euro. Alles in allem dürfte der Kauf zwischen 1,0 und 1,2 Milliarden Euro kosten. Zusammen mit drei Viertel der Gasnetze würden etwa 1,5 Milliarden Euro fällig werden. Zuzüglich der für die ersten drei Viertel bereits gezahlten 523 Millionen Euro käme eine Summe von rund zwei Milliarden Euro zusammen. Hamburg übernimmt auch die bei der Netzgesellschaft Beschäftigten 1.140 MitarbeiterInnen.

Die Finanzierung erfolgt über Kredite, welche die HGV für weniger als drei Prozent Zinsen aufnehmen kann. Dabei gebe es die Hoffnung, so Scholz, dass bei optimalem Geschäftsverlauf die Schulden abgezahlt und auch eine Dividende an die Stadt ausgeschüttet werden könne.

Mit der nunmehr zu 100 Prozent städtischen Stromnetz Hamburg GmbH wird sich die Stadt nun um die Konzession für das Stromnetz bewerben. Diese wird Anfang nächsten Jahres neu vergeben.

16 Jan 2014

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Sven-Michael Veit

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