taz.de -- Kommentar RTL Dschungelcamp: Zickenzoff und Niedertracht

Es ist wieder soweit: Das unmögliche und unglaubliche Trash-Format der Nation, das RTL Dschungelcamp, geht in die nächste Runde.
Bild: Was macht eigentlich Mola Adebisi? Er fliegt ins Dschungelcamp.

Die Versuchung ist groß, ein Fernsehereignis wie „Ich bin ein Star, holt mich hier raus!“ so konsequent links liegen zu lassen wie, sagen wir, einen besonders großen Hundehaufen auf dem Bürgersteig. Gut, dass man ihn erkannt hat. Schön, dass man rechtzeitig ausweichen konnte. Dieser Versuchung sollte man nicht erliegen. Es könnte sich lohnen, den Haufen genauer unter die Lupe zu nehmen. Warum ist er so groß? Und was wurde hier eigentlich verdaut?

Zu diesem Zweck muss man nicht einmal genau hinschauen. Es wird im „Dschungelcamp“, wie es von Publikum sowie begleitender Schmierpresse in liebevoller Vereinfachung genannt wird, wieder ein Hühnchen mit Titten dabei sein und eine Gans mit etwas größeren Titten – damit aufgeführt werden kann, was als „Zickenzoff“ fester Bestandteil dieses Erniedrigungsspektakels ist.

Dazu gehören auch ein paar tätowierte Gockel, vielleicht ein lederhäutiger Schlageronkel auf dem absteigenden Ast und ein möglichst muskulöses Spatzenhirn, das an diesem Ast sägt – damit ins Spiel kommt, was RTL unter „knisternder Erotik“ versteht.

Neben den üblichen Vollversagern und Schlangen darf auch ein alternder Mensch nicht fehlen, jemand, dem einfach nur die Hitze in den australischen Tropen zusetzt. Fertig ist ein Tableau der Niedertracht, dessen Darsteller „Ekel-Prüfungen“ unterzogen und zum Gegenstand der süffisanten Sottisen eines Moderatoren-Duos werden, das Kandidaten stellvertretend für das Publikum verbal bespuckt. Was im Umkehrschluss bedeutet, dass auch das Publikum seine Würde an der Garderobe abgibt – ohne Garantie, sie danach wiederzubekommen.

Und die Kandidaten? Kandidieren immerhin für Geld, das ist nicht unwichtig. Die Leute sind so freiwillig im Dschungel, wie Leute zu Hause sich das freiwillig anschauen; beim Finale 2013 waren es neun Millionen, also: 9.000.000 Zuschauerinnen und Zuschauer. Ein riesiger Haufen, wie gesagt.

Was also wird hier verdaut? Zunächst die Kandidaten selbst, allesamt Existenzen auf dem dünnen Eis boulevardmedialer Beachtung. Hier werden sie wieder in ein System eingespeist, das sie hervorgebracht hat. Im Tierreich nennt man dergleichen „Koprophagie“, das Verspeisen der eigenen Ausscheidungen. Wer halbwegs bei Trost ist, verfolgt die Scheiße aus der vermeintlich sicheren Distanz, die sich mit kichernder Ironie so herstellen lässt.

Wer völlig bei Trost ist, lässt es ganz bleiben. Fernsehen dieser Art ist eine Einübung in die eigene Verrohung. Interessant, dass die Versuchung so groß ist.

17 Jan 2014

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Arno Frank

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