taz.de -- Kommentar EU-Austritt der Niederlande: Was für eine Wandlung
Geert Wilders will, dass die Niederlande die EU verlassen. Die Begründung liefert ein renommierter Ökonom. Der Rechtspopulist selbst schweigt. Das ist neu.
Geert Wilders beherrscht ein breites Repertoire politischer Posen. Die Brandrede, die Streitschrift, die Verteidigung der „einfachen Bürger“ – so wurde er bekannt. Drei Monate vor der Europawahl, nach der seine rechtspopulistische PVV eine Fraktion mit anderen nationalistischen Parteien bilden will, entdeckt er eine neue Pose: [1][Er lässt Zahlen sprechen].
Entspannt folgte er bei seiner Pressekonferenz zum Strategiepapier NExit den Ausführungen des britischen Wirtschaftsexperten Mark Pragnell, dessen Studie keinen Zweifel lässt: Ohne EU stehen die Niederlande wirtschaftlich wesentlich besser da. Wilders brauchte nicht einmal die Stimme zu erheben, während Mark Pragnell, ausgezeichnet mit dem bedeutenden Wolfson Prize, belegte, was er schon immer sagte.
Vom polternden Populisten zum seriösen Wirtschaftsanwalt für Verbraucher – was für eine Wandlung! Neben arithmethischem Wahlkampfpotenzial erhält Wilders mit NExit ein diskursives Branding, denn seine Wortschöpfung ist von jetzt an in aller Munde.
Ökonomisch kann man zwar für und gegen die Zahlen argumentieren – was Finanzexperten im kommenden Frühjahr zur Genüge tun werden. Doch die zentralen Fragen für alle diejenigen, denen an einem progressiven, sozialen, offenen Kontinent gelegen ist, sind andere: Welche politische Aussagekraft haben diese Zahlen? Und macht man die Zustimmung zum Projekt Europa von deren prognostischer Richtung abhängig? Allzu leichtfertig sollte man darauf nicht mit Nein antworten.
Alle, die dieser Tage finanziell der Schuh drückt, können sich ausmalen, was ein Plus von etwa 10.000 Euro für Haushalte bedeutet. Das fortschrittliche Europa muss jetzt überzeugende Inhalte auf den Tisch legen, um ein eindeutiges Nein zu untermauern.
7 Feb 2014
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