taz.de -- So wird der Sportmonat März: Tarnungspaffen im Untergrund

Mit Finanzfeministin Alice Schwarzer als Gerichtsreporterin, einem Raucher-Zehnkampf und Rudi Völler, der ein 0:9 durchaus akzeptabel finden wird.
Bild: Ein würdiger Tarnungspaffen-Teilnehmer.

Stuttgart, 5. März: Die DFB-Auswahl bestreitet das Testspiel gegen Chile ohne alle Bayern- und Dortmund-Spieler, die Ende Mai im Pokalendspiel und womöglich im Champions-League-Finale erwartet werden. „Ich brauche realistische Bedingungen für die Pre-WM-Phase“, sagt Bundesjogi Löw. So kommen die Kita-Kicker Max Meyer (Schalke), Julian Brandt (Leverkusen), Serge Ginabry (Arsenal) und Timo Werner (VfB) zum Startelf-Einsatz. Das 6:1 macht Löw nachdenklich: „Vielleicht lasse ich in Brasilien die Bayern daheim, und die Dortmunder gleich dazu. Ich muss auch schon an die Zukunft, vor allem den unberechenbaren Gegner Gibraltar in der EM-Quali denken. Gegen die haben wir noch nie gewonnen.“

Sotschi, 7. März: Bei strahlendem Sommerwetter eröffnet Wladimir Putin, auf Fronturlaub aus Kiew herübergeeilt, die Paralympics. Prominenteste Teilnehmerin ist Amelie Kober. Die Deutsche war bei den Volllympics im Parallel-Slalom der Snowborder gegen den Rat ihrer Ärzte mit Kapseleinriss und geschientem linken Ellenbogen gestartet, war auch noch zielsicher auf den schmerzenden Arm gestürzt und hatte heldinnenhaft Bronze geholt. „Ein Vorbild“ nennen sie die Para-Boarderinnen – und lassen Kober großmütig Gold gewinnen.

München/Köln, 10. März: Zum Steuerhinterzieher-Prozess von Ulrich Hoeneß sitzt Finanzfeministin Alice Schwarzer als Reporterin für die Bild-„Zeitung“ bei Gericht. Chefredakteur Kai Diekmann erläutert seinen Coup: „Wir haben seit jeher in den Kernbereichen des öffentlichen Lebens die fachkundigsten Beobachter. Frau Schwarzer kennt alle Wege des Patriarchats zu Schwarzgeldkonten.“

Heerenveen, 23. März: Große Enttäuschung bei den niederländischen Gastgebern der Eisschnelllauf-WM: Wie in Sotschi scheitert der Versuch, alle Medaillen zu gewinnen. Eine fehlt am Ende. Ausgerechnet beim abschließenden 5.000-Meter-Rennen stürzt die weit in Führung liegende Ireen Wüst in der letzten Kurve, als sie aus der zitternden Hand von Exmonarchin Beatrix eine orange Fahne greifen will. Claudia Pechstein, 42, wird zum Glücksschwein und rutscht auf den Bronze-Rang. „Ich wusste immer, warten lohnt sich“, sagt die Veteranin knapp vier Jahre vor ihren nächsten Olympischen Spielen.

Dublin, 26. März: Wenige Tage vor seinem 60. Geburtstag hat Ralf „The Irish Sochi“ Sotscheck die Disziplinenauswahl seines Raucher-Zehnkampfes beisammen: Tarnungspaffen im Untergrund, Zündholzmikado, Kippen-Weitschnipsen, Ascheschnüffeln, Glutlecken etc. Während der Wettkämpfe soll auf Wunsch des Jubilars das irische Traditional „Danny Boy“ in Endlosschleife eingespielt werden.

München, 29. März: Vorbilder gab es genug: Beim 0:5 im Februar hatte die Frankfurter Eintracht ihre besten Kräfte beim FC Sowiesoallesbesiegen wegen Gelbsperrengefahr geschont. Am 15. März schickte Bayer Leverkusen seine Regionalligamannschaft: „Wir waren schon im Hinspiel so unfassbar unterlegen“, sagt Rudi Völler, „da wollen wir jetzt was anderes versuchen.“ Das 0:9 fand Völler „durchaus akzeptabel“. Jetzt schickt die TSG Hoffenheim ihr B-Jugendteam: „Unsere Profis“, findet Trainer Markus Gisdol, „sind doch keine Zirkustiere für die Manege, die man zur Massengaudi vorführt. Für die jungen Leute dagegen ist das ein Riesenerlebnis.“ Das 0:16 findet Gisdol „durchaus akzeptabel“ und gratuliert „zur ersten vorösterlichen Meisterschaft“.

München, 31. März: Das Weltprojekt FC Bayern bröckelt weiter. Noch mehr Plätze als sonst sind bei den letzten Heimspielen trotz Verkaufs aller Eintrittskarten leer geblieben. Die 5.200 kürzlich vom FCB abgemahnten Nichterscheiner unter den Dauerkartenbesitzern wehren sich erfolgreich mit einer einstweiligen Verfügung gegen die Teilnahmepflicht auf den Tribünen. „Ein Abonnement beinhaltet keine Handlungsverpflichtung, sondern nur die verbriefte Erlaubnis der temporären Präsenz“, bescheidet das Gericht. Der FC Bayern plant derweil eine neue Arena ausschließlich mit beheizten Business-Lounges, vollvercaterten Eventbereichen sowie 3-D-Livestreams in den asiatischen Wirtschaftsraum.

1 Mar 2014

AUTOREN

Bernd Müllender

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