taz.de -- Kommentar Reaktionen Hoeneß: Denkmäler für Hoeneß
Hoeneß verzichtet auf eine Revision und das Amt beim FC Bayern. Was bleibt? Er hat die Umverteilung von unten nach oben populär gemacht.
Heribert Bruchhagen, der Vorstandschef von Eintracht Frankfurt, gehört eigentlich zu den klügeren Köpfen im deutschen Fußball. „Ich bin sehr erschrocken über die Vorstellung, dass Uli für seinen Fehler so heftig büßen muss“, sagte er nach der Verurteilung von Ulrich Hoeneß.
Am Ende waren es nur noch wenige, die dem nun zurückgetretenen Bayern-Präsidenten noch in seiner Steuersache beispringen wollten: die von „Fehlern“ redeten, obwohl es sich um eine über Jahre fortgesetzte Straftat handelte, oder, wie ein paar depperte Bayern-Fans, die gelegentlichen guten Taten Hoeneß' gegen seine kriminellen Handlungen aufrechnen wollten. Das dürfte Hoeneß' Einsicht, als Präsident nicht mehr haltbar zu sein und auf eine Revision zu verzichten, befördert haben.
Das gesellschaftliche Bewusstsein hat sich, auch dank seines Falles, verändert: Steuerhinterziehung gilt nicht mehr als lässliche Sünde, sondern als streng zu ahndende Tat. Die klügeren Stellungnahmen zum Urteil versuchten denn auch nicht mehr den Straftäter Hoeneß in Schutz zu nehmen, sondern seine angebliche Lebensleistung zu retten: „Die Verdienste von Uli Hoeneß um den deutschen Fußball bleiben trotz seines von ihm selbst eingestandenen Fehlverhaltens unberührt“, sagte etwa Ligapräsident Reinhard Rauball.
Auch das ist falsch: Hoeneß hat keine Verdienste um den deutschen Fußball, sondern welche um den FC Bayern.
Hoeneß war der erste, der den deutschen Fußball durchkommerzialisiert hat. Der das Prinzip, das denen, die oben stehen, bei der Verteilung von TV-Geld mehr gegeben wird als denen, die unten sind, durchgesetzt hat – sodass der Abstand zwischen oben und unten immer größer wurde. Solange, bis sein Verein so unangreifbar und die Liga so unendlich langweilig wurde wie heute.
Fußball durchkommerzialisiert
Klassenkämpfer wurde Hoeneß immer nur dann, wenn es gegen die ging, die im Ausland noch mehr hatten, die von Oligarchen und Scheichs finanzierten Klubs aus Manchester, London oder Paris. Dann forderte Hoeneß lautstark Fairplay ein.
Der FC Bayern braucht keine Scheichs und Oligarchen, er hat die Deutschland AG. In teil-öffentlichem Besitz befindliche Unternehmen wie die Telekom und Volkswagen, die ihn finanzieren. Die öffentlich-rechtlichen Anstalten, die mit Politikunterstützung Millionen für Fußballrechte ausgeben. Die Stadt München, die ihm den Neubau der Allianz-Arena teilweise finanzierte.
Hoeneß' Verdienst ist es, dass heute auch Klubs mit alternativer Anhängerschaft und grüne Oberbürgermeister seine Prinzipien für richtig halten. Der SC Freiburg plant derzeit ein neues Stadion, weil das alte keine VIP-Lounges erlaubt. Selbstverständlich sollen öffentliche Mittel fließen.
In den Fußball-VIP-Lounges dieser Republik sollten sie Ulrich Hoeneß Denkmäler errichten: aus Dankbarkeit für den Mann, der die Umverteilung von unten nach oben populär gemacht hat. Und als Warnung, dass die Grenze zur Hybris und zum illegalen Handeln fließend ist. Die Selbstverständlichkeit, mit der Hoeneß öffentliche Mittel für den FC Bayern in Anspruch genommen hat, und die Selbstverständlichkeit, mit der er Steuern hinterzogen hat, gehören zusammen.
14 Mar 2014
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