taz.de -- Übergriffe auf Frauen: Gewalt im Netz

Cyberstalking und digitale Gewalt greifen um sich – auch Frauenhäuser haben mit dem Problem zu tun. ExpertInnen fordern eine bessere Schulung für Behörden.
Bild: Der vorsichtige Umgang mit dem Smartphone schützt vor digitaler Gewalt.

HAMBURG taz | Klamotten packen und abhauen reicht nicht mehr: Frauen in Frauenhäusern werden zunehmend Opfer digitaler Gewalt. Dazu gehören Cyberstalking mit Telefonterror über das Handy oder Droh-Mails sowie Racheakte durch intime Fotos, die zur Demütigung veröffentlicht werden oder Fake-Profile mit falschen Geständnissen. Bei einer Tagung in Kiel am Montag sprachen Fachleute von Beratungsstellen, Frauenhäusern, Polizei und Justiz darüber, wie sich die virtuelle Bedrohung einschränken lässt.

Dabei handelt es sich um ein Massenphänomen: Laut einer aktuellen Studie zu Gewalt gegen Frauen sind europaweit elf Prozent aller Frauen in sozialen Netzen sexuell angemacht worden, bei Unter-30-Jährigen sogar 20 Prozent. Auch Sexting, der Austausch von eigenen Nacktfotos, greift um sich. „Ich kann nicht mehr schlafen, ich gucke ständig bei Facebook, ob die Bilder schon hochgeladen sind“, klagte ein Opfer, das bei Carmen Kerger-Ladleif von der Beratungsstelle „Save me online“ Rat suchte.

Die Referentin der Kieler Tagung betonte, dass virtuelle Taten für die Opfer genauso bedrohlich sind wie reale Übergriffe. Dies aber würden Polizei und auch Gerichte oft nicht so sehen, kritisierte Astrid Ackermann, Fachanwältin für IT-Recht aus Frankfurt: „Die Behörden sind bei der Verfolgung der Taten nicht genug geschult.“

Dennoch gibt es eine Reihe von Dingen, die Stalking-Opfer tun können: Mail-Adressen und Passwörter ändern, Fotos nicht direkt vom Smartphone ins Netz schicken, um den Standort nicht zu verraten, aber auch Beweise wie Droh-Mails oder Fake-Bilder sammeln. Wer ständig nach Bildern suche, gebe dem Täter nur Macht, so Kerber-Ladleif. Vor allem sei es wichtig, den Opfern klar zu machen, dass sie nicht schuld seien.

Schleswig-Holsteins Chefdatenschützer Thilo Weichert betonte, dass Aufklärung und Medienkompetenz wichtig seien. Hier seien öffentliche Stellen wie Polizei, Datenschutzbeauftragte, Beratungsstellen gefragt. Er kritisierte Facebook, das gezielt um Kinder und Jugendliche werbe.

Opfer des Internets können auch die Frauenhäuser selbst werden: Internetdienste oder regionale Portale listen die Gebäude – die eigentlich streng darauf achten, ihre Anonymität zu wahren – mit voller Adresse auf oder zeigen den Standort in einer Karte an. „Es ist hochgradig schwierig, das löschen zu lassen“, so Anita Brüning vom Frauenhaus Norderstedt. Gerade die großen Anbieter wie Facebook oder Google reagierten selten auf diese Bitten. „Denen ist der Schutz völlig egal“, sagte Astrid Ackermann.

8 Apr 2014

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Geisslinger

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