taz.de -- Rocker-Verbot in Bremen: „Mongols“ bleiben verboten

Das Bremer Oberverwaltungsgericht weist eine Klage des „Mongols MC“ gegen ein Vereinsverbot ab – mit bundesweiter Wirkung.
Bild: Mongols am Boden: In Bremen bleibt der Rocker-Club verboten.

BREMEN taz | Das Verbot des Rockerclubs „Mongols MC“ ist rechtens und bleibt bestehen. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Bremen hat am Dienstag die Klage der Mongols dagegen als unbegründet zurückgewiesen. Eine Revision ist nicht zugelassen. Bremens Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) hatte den Club im Mai 2011 verboten. Es ist bundesweit das erste Verbot eines Rockerclubs, das ohne bewiesene Straftaten präventiv mit der Gefahrenabwehr begründet wurde. Der Rechtsanwalt der Mongols, Detlef Driever, nannte das Verbot „politisch motiviert“ und „populistisch“.

Von einer „Signalwirkung für das gesamte Bundesgebiet“ spricht hingegen Innensenator Mäurer. Da mit dem „Mongols MC Bremen“ deren erster gegründeter Ortsverein verboten wurde, seien damit Mongols-Abzeichen bundesweit verboten.

Das Gericht gab dem Innenressort recht, die Mongols hätten sich vereint, um Straftaten zu begehen. Dafür spräche: einerseits die Zugehörigkeit der Bremer zur Dachorganisation der Mongols, die sich zu den „Outlaw Motorcycle Clubs“ zählen und laut Vorsitzendem Richter Hans Alexy „auch dem eigenen Anspruch nach durch eine gewisse Außergesetzlichkeit geprägt“ seien. Weiterhin spielten die Vorstrafen der beiden führenden Köpfe Ibrahim M. und Dirk R. eine Rolle sowie die Tatsache, dass zum Zeitpunkt des Verbots nur ein Mitglied der Mongols einen Motorradführerschein besaß – Freude am Fahren könne also nicht der Vereinszweck gewesen sein, so der Richter.

Wichtiger aber waren die dem Verbot im Mai 2011 vorangegangenen Auseinandersetzungen der Mongols mit den rivalisierenden Hells Angels: Am 7. 5. 2011 hatte es eine Schlägerei vor dem Vereinsheim der Hells Angels, gegeben, am 13. 5. 2011 einen Überfall von Mongols auf Hells Angels. Durch die Neugründung der Mongols habe zwischen den Rockern „Konkurrenz“ bestanden, so der Richter. Vor der Entwicklung dieser „Eskalation“ sei das Verbot ein „geeignetes Mittel“ gewesen.

Allerdings verwies Richter Alexy auch auf ein Urteil vom Landgericht Bremen: Ibrahim M. war wegen der ersten Schlägerei freigesprochen worden, weder ihm noch anderen Mongols war eine Straftat zuzurechnen. Vielmehr waren es die Hells Angels, die mit Dachlatten oder Baseball-Schlägern aus ihrem Vereinsheim heraus auf die Mongols eingeschlagen hätten, so Richter Alexy – wobei gegen die Hells Angels an dem Abend nicht vorgegangen wurde.

Aus Sicht des Anwalt der Mongols, Detlef Driever, war das Verbot unverhältnismäßig. „Ich bin der festen Überzeugung, dass wir uns als Gesellschaft keinen Gefallen tun, wenn der Staat präventive Verbote ausspricht.“

In der Verbotsverfügung war laut Driever hinsichtlich zu erwartender Straftaten auch erwähnt worden, dass sechs der Mongols zu einem Familienverbund der Volksgruppe der Mhallami gehörten, deren Mitglieder „überproportional Unrecht“ begingen. Der Anwalt sprach in diesem Zusammenhang von „strukturellem Rassismus“. Er habe den Eindruck, dass Innensenator Mäurer hier „populistisch gegen eine bestimmte Volksgruppe vorgehen“ wolle und das Verbot „primär politisch motiviert“ sei. Der Rechtsanwalt verwies auf den Zeitpunkt des Verbots drei Tage vor der Bürgerschaftswahl.

10 Jun 2014

AUTOREN

Jean-Philipp Baeck

TAGS

Rocker
Hells Angels
Polizei
Bremen
Verbotsverfahren
Organisiertes Verbrechen
Hells Angels
Rocker
Rocker

ARTIKEL ZUM THEMA

Rechter Nährboden der Hells Angels: Neues Leben an der West Side

Das einst mächtige Bremer Charter der Hells Angels ist heute verboten. Seine Mitglieder sind weiter aktiv, pflegen Verbindungen zu Promis und Werder.

Hells-Angels-Mitglieder festgenommen: Rocker raus aus Güntersen

Gebäude durchsucht, Waffen beschlagnahmt. Mit dem „Charter Göttingen“ legt Niedersachsen erstmals eine Hells-Angels-Gruppe still.

Kommentar: Über das Verbot des "Mongols MC": Billige Siege gegen Rocker

Bei Rockern in Bremen wird politisch mit zweierlei Maß gemessen: Die "Mongols" werden präventiv verboten, "Hells Angels" erst nach Jahren. Andere leben weiter.

Prozess vor dem Landgericht: Was nicht zu beweisen war

Mehrere Rocker der „Mongols“ sind des bandenmäßigen Drogenhandels angeklagt. Doch die Staatsanwaltschaft erlitt schon im Vorfeld eine Niederlage.

Krieg in der Szene: Das Schweigen der Rocker

Mitglieder der Mongols überfallen bei Stade die Chefs des Gremium MC mit Messern und Baseballschlägern. Haftbefehle gibt es nicht – Täter und Opfer schweigen

Polizeieinsatz gegen Rocker: Verbotene Höllenengel

Fast 500 Polizisten waren nötig, um den Bremer Hells Angels die Verbotsverfügung zuzustellen. Nebenbei haben die Beamten Waffen, Bargeld und Anabolika beschlagnahmt.

Ermittlungen gegen Rockerclubs: Türkische Engel unter Druck

Die Polizei bedrängt die Rockergruppen in Berlin. Die werden immer größer, viele Mitglieder sind Migranten. Die Aufnahmekriterien sind aufgeweicht worden.

Kriminalität im Rockermilieu: Großrazzia bei den Hells Angels

Rund 1.000 Polizisten durchsuchen Bordelle, Gaststätten und Wohnungen. Gegen die Rocker wird unter anderem wegen Menschen- und Waffenhandel ermittelt.

Prostitution, Drogen und Waffenbesitz: Hells Angels in Kiel verboten

Zum dritten Mal verbietet Schleswig Holstein einen Rockerclub. Zur Beschlagnahme des Clubvermögens durchsuchen 300 Beamte Clubräume und Privatwohnungen.

Mongols-Chef freigesprochen

ROCKERSZENE Mit einem Großaufgebot verhinderte die Polizei einen Rockerkrieg. Nun wurde der Mongols-Chef Ibrahim M. freigesprochen - es hatte keine Schlägerei gegeben

Rocker-Prozess: Falschparker vor Gericht

Wars Landfriedensbruch - oder doch nur Pöbelei? Kommunikations- und Ermittlungs-Panne der Bremer Polizei bringt Anklage bei Verfahren gegen Anführer der Mongols-Rocker unverhofft ins Wanken.

Prozess: Gnade für den Intensivtäter

Die Polizei führt ihn als Intensivtäter, er selbst sieht sich als Opfer: Trotz der langen Liste von Straftaten hofft das Gericht bei Ex-"Mongol" Abdullah C. auf Bewährung.

Über Sirvan Cakici: Jüngstes Mitglied ohne Hausmacht

Kaum jemand sorgte im Politikbetrieb für so viele Schlagzeilen wie die kurdisch-stämmige Abgeordnete Sirvan Cakici. Oft ging es nicht um Politik.