taz.de -- Tunnel unter dem Fehmarnbelt: 1.800 Einwände eingereicht

Dänemark will unter der Ostsee einen milliardenteuren Tunnel nach Fehmarn bauen. Der Protest gegen die Fehmarnbelt-Querung wächst.
Bild: Computergrafik des geplanten Tunnels.

HAMBURG taz | Es ist eines der größten und teuersten Infrastrukturvorhaben in der Europäischen Union: Die feste Fehmarnbelt-Querung zwischen Dänemark und Schleswig-Holstein dürfte alles in allem rund 10 Milliarden Euro kosten. Und für Malte Siegert ist die Sache klar: „Es gibt für dieses Vorhaben weder einen ökonomischen noch infrastrukturellen Bedarf“, sagt der Umweltreferent des Naturschutzbundes (Nabu).

Deshalb dürfe der Ostseetunnel im Fehmarnbelt nicht gebaut werden, forderte Nabu-Präsident Olaf Tschimpke am Donnerstag. Er und Siegert, der sich als langjähriger Leiter des Nabu-Wasservogelreservats auf der Ferieninsel Fehmarn seit Jahren mit dem Vorhaben auseinandersetzt, lehnen in ihrer Stellungnahme gegen das Planfeststellungsverfahren für den Tunnel das Projekt rundweg ab.

Dänemark und Deutschland haben 2008 in einem Staatsvertrag vereinbart, eine feste Querung der etwa 18 Kilometer breiten Meeresstraße zu errichten. Die Kosten von etwa 5,5 Milliarden Euro für einen Straßen- und Bahntunnel will Dänemark allein tragen, ebenso den Ausbau von Straßen und Schienen bis nach Kopenhagen für weitere rund 1,2 Milliarden Euro.

Diese Summen, für die das Königreich mit Staatsgarantien haftet, sollen über 39 Jahre aus Mauteinnahmen refinanziert werden. Deutschland muss lediglich Straßen und Schienen zwischen Lübeck und dem Tunnel ausbauen. Der Bundesrechnungshof schätzt die Kosten dafür auf etwa 1,7 Milliarden Euro, Kritiker sprechen von 3 Milliarden.

2022 könnte der Tunnel fertig sein

Bis zum Donnerstag, dem Ende der Einwendungsfrist gegen das Projekt, wurden auf deutscher Seite rund 1.800 Einwände bei der schleswig-holsteinischen Verkehrsbehörde eingereicht. Die staatliche dänische Realisierungsgesellschaft Femern A/S hofft dennoch auf einen Planfeststellungsbeschluss im Mai nächsten Jahres und einen Baubeginn in Herbst. 2022 könnte der Tunnel fertig sein.

Die Verkehrsprognosen aber bezweifelt das Münchner Verkehrsberatungsbüro Vieregg-Rösler in einem Gutachten für den Nabu. Danach seien die Prognosen von Femern A/S „nicht nachvollziehbar“ oder gar „grundlegend falsch“. Deshalb sei davon auszugehen, dass die Amortisierung der Kosten nicht gelingen könne.

Das weist der deutsche Sprecher von Femern A/S, Obinna van Capelleveen, zurück. Alle Berechnungen seien „konservativ“. Es handele sich um das gleiche Finanzierungsmodell wie bei der 2001 eröffneten Öresund-Querung zwischen Kopenhagen und dem schwedischen Malmö, und dort „hat der Steuerzahler bis heute noch nicht eine Krone dazuzahlen müssen“.

3 Jul 2014

AUTOREN

Sven-Michael Veit

TAGS

Tunnel
Fehmarn
Fehmarnbelt
Fehmarnbelt-Querung
Fehmarnbelt-Querung
Ostsee-Tunnel
Dänemark
Schleswig-Holstein
Atommüll
Fehmarn
Fehmarnbelt
Fehmarnbelt-Querung
Fehmarnbelt-Querung
Fehmarnbelt

ARTIKEL ZUM THEMA

Wegen der Fehmarnbelt-Querung: Bahn will Brücke dicht machen

Die Brücke zur Insel Fehmarn soll jahrelang gesperrt werden: Sanierung zu teuer, Neubau als Ersatz dauert zu lange. Auch Fernverkehr nach Skandinavien betroffen.

Verzögerter Tunnelbau im Fehmarnbelt: Ohne Plan und ohne Geld

Der Tunnel in der Ostsee wird frühestens 2024 eröffnet – wenn überhaupt. Zeit und Kosten laufen Dänemark davon.

Protest gegen Fehmarnbelt-Tunnel: Die Beltretterin

Ananda Julia Albert will den Bau des Fehmarnbelt-Tunnels verhindern. Der zerstöre die Natur und vertreibe Touristen. Daran hängt ihre Existenz.

Kritik an Fehmarnbelt-Tunnel: Pläne außer Kontrolle

Dänemark will das Baugesetz für den Ostsee-Tunnel beschließen. Auf fehlerhafter Grundlage, meint Dänemarks Ex-Verkehrsplaner.

Fehmarn, Geld: Die Stunde der Wahrheit

Deutsche Bahn ist mit der Gleisanbindung des geplanten Ostsee-Tunnels Jahre in Verzug. Kritiker befürchten Lärmbelastung und Kostenexplosion.

Atommülldeponie am Fehmarnbelt: Strahlung am Ende des Tunnels

Dänemark sucht nach einem dauerhaften Standort für seine strahlenden Hinterlassenschaften aus Krankenhäusern und der Forschung.

Keine Rettung für Fehmarnsund-Brücke: Bröckelnde Brücke

Schleswig-Holstein und die Bahn prüfen vier Varianten für eine neue Querung. Die alte Brücke wird wohl dem wachsenden Verkehr nicht standhalten.

Ostseebad-Bahnhöfe: Stilles Sonnenbaden

Schleswig-Holstein und Bahn werden für Güterzüge und Fernbahnen zwischen Lübeck und Fehmarn eine neue Trasse bauen.

Querungsquatsch: Notausgang aus dem Tunnel

Der Naturschutzbund fordert den Ausstieg Deutschlands aus dem Fehmarnbelttunnel. Kosten von 14 Milliarden Euro für das "ökonomisch und ökologisch überflüssige Großprojekt" befürchtet.

Streit um stillen Tunnel: Querschüsse gegen Querung

Neuer Trassenplan der Bahn soll Ostseebäder vor Lärm schützen. Aber SPD-Abgeordneten wird das Tunnelprojekt nach Dänemark zu teuer, sie fordern den Ausstieg.

Fehmarnbelt-Verkehr: Pyrrhus-Sieg am Badestrand

Die Bahnstrecke zwischen Fehmarn und Lübeck soll ins Binnenland verlegt werden. Das verschont die Ostseebäder von Lärm - und erschwert die Anreise.