taz.de -- Berliner Szenen: Jung und dumm
Man kann gar nicht durch Berlin laufen, ohne ständig Tiere zu treffen. Heute: Füchse, zwei Stück, jung und unentschlossen.
Kaum hat A. den Satz „Es gibt hier ziemlich viele Füchse“ fertig gesprochen, raschelt es vorne rechts im Gras. Der junge Fuchs bleibt stehen, als er uns sieht, und wir bleiben stehen, als wir ihn sehen. „Hallo“, sage ich, und A. sagt nichts.
Ich sage oft Hallo zu Tieren, die ich irgendwo treffe. Katzen, Füchse, Rehe, Ratten, wen man so trifft. Neulich hatte ich eine Nacktschnecke im Blumenkasten auf dem Fensterbrett, nach einer Nacht, in der es die ganze Zeit in Strömen geregnet hatte. Ich hatte am Schreibtisch gesessen und geschrieben, bis es hell war.
Dann stand ich da mit einer Tasse Tee am Fenster und sagte „Morgen“ zu der Schnecke, die offenbar auch nicht geschlafen hatte, immerhin war sie bis in den zweiten Stock gekommen.
Der junge Fuchs sieht uns jedenfalls eine Weile an, dann verschwindet er in einem Gebüsch, und gleichzeitig kommt ein paar Büsche weiter noch ein Fuchs raus. Auch ziemlich jung, vielleicht die Schwester oder der Bruder von dem anderen Fuchs.
Der zweite Fuchs bleibt erst stehen, als er uns sieht, setzt sich dann hin, bleibt eine Weile so sitzen, sieht süß aus, kommt dann ganz nah ran, guckt, rennt wieder zurück, krabbelt unter einen Busch, steckt den Kopf raus, guckt wieder. Kommt wieder raus, guckt, dreht wieder um, läuft zurück, dreht sich dabei ein paar Mal ziemlich unsinnig um sich selber, wirkt ganz jung und dumm und guckt uns dann wieder an, als wären wir jetzt damit dran, entweder dasselbe zu tun oder eine Tüte Fuchsfutter rauszuholen, passiert aber nicht. Plötzlich dreht er sich weg und rennt schnell zurück zu seinem Busch und setzt sich davor.
Die Füchse wohnen um ein verlassenes Krankenhaus herum und machen es sich nett. „Bewacht durch Bewohnung“ steht vorne am Zaun. Bewohnt durch Füchse. Und meine Freundin A. Man kennt sich dort. Bald zieht A. weg, die Füchse werden bleiben.
12 Jul 2014
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