taz.de -- Kolumne American Pie: Die Rückkehr des Königs

Basketball-Superstar LeBron James überraschte die NBA mit seinem Wechsel nach Cleveland. Heimweh ist dafür nicht der einzige Grund.
Bild: Kann jetzt wieder an die Wand: Als LeBron 2010 wegging, wurde dieses Riesenposter in Cleveland abgehängt.

Am Sonntag war denn sogar einer der berühmtesten, reichsten und beliebtesten Sportler aller Zeiten ein wenig ehrfürchtig. LeBron James, bester Basketballspieler des Planeten, saß im Maracanã-Stadion und [1][schickte per Instagram] den sonnendurchfluteten Blick von seinem Platz auf der Ehrentribüne in die Welt. Das WM-Finale war selbst dem Mann, den sie „The King“ nennen, nicht weniger als „das großartigste Sportereignis, bei dem ich je dabei war“. Großartiger als die fünf NBA-Finals, bei denen der 29-Jährige selbst mitgespielt hat.

Dass James so begeistert war von seinem Trip nach Rio de Janeiro, ist nicht wirklich eine Überraschung. Der NBA-Megastar ist erklärter Fußball-Fan und besitzt Anteile am FC Liverpool. Die ungleich größere Überraschung hatte LeBron zwei Tage zuvor verkündet: Nach vier erfolgreichen Jahren wird er die Miami Heat verlassen und zurück zu den Cleveland Cavaliers gehen, bei denen er seine NBA-Karriere begann.

Die Meldung erschütterte die amerikanische Sportwelt, klingt sie doch so erstaunlich, als würde Toni Kroos in einem akuten Anfall von Heimatsehnsucht das Angebot von Real Madrid ausschlagen und wieder für Hansa Rostock spielen. Zwar ist die dritte deutsche Liga noch eine Spur weniger glamourös als der Tabellenkeller der NBA, in dem Cleveland seit LeBrons Abschied herumdümpelt.

Auch sind die Cavaliers durchaus in der Lage, ihrem verlorenen Sohn die Rückkehr mit einem angemessenen Gehalt zu versüßen, während Kroos in Rostock nur einen Bruchteil von dem verdienen könnte, was er in Madrid einstreichen wird. Dennoch hätte James wohl bei nahezu jedem anderen NBA-Klub einen besseren Vertrag bekommen als den mit 42 Millionen für zwei Jahre dotierten, den er in Cleveland unterschrieb.

Rust Belt statt Rentnerstaat

Tatsächlich ist es das Heimweh, das James dazu gebracht hat, den sonnigen Rentnerstaat Florida und eine Mannschaft, die vier Mal in Folge die NBA-Finals erreicht hat, hinter sich zu lassen und stattdessen ausgerechnet in Ohio, im kriselnden „Rust Belt“, anzuheuern, wo ein Team auf ihn wartet, das sich zuletzt nicht einmal in der schwachen Eastern Conference der NBA für die Playoffs qualifizieren konnte.

In einem recht rührseligen Artikel in der Zeitschrift Sports Illustrated erklärte James, der nur 60 Kilometer entfernt von Cleveland im Städtchen Akron aufgewachsen ist, seine Entscheidung: „Bevor es irgendjemanden kümmerte, wo ich Basketball spiele, war ich ein Kind aus dem Nordosten von Ohio. Dort ging ich meiner Wege. Dort rannte ich. Dort weinte ich. Dort blutete ich. Die Menschen dort haben mich aufwachsen sehen.“

Einige Menschen dort haben allerdings auch öffentlich sein Trikot verbrannt, als James 2010 nach Miami wechselte, um endlich eine NBA-Meisterschaft zu gewinnen. Dass er seine Heimat im Stich ließ, hat man ihm in Cleveland, wo man seit 1964 auf einen Titel in einer der großen Ligen wartet, lange nicht verziehen.

„Meine Beziehung zu Ohio ist wichtiger als Basketball“, schreibt LeBron nun. „Das wusste ich vor vier Jahren noch nicht. Ich weiß es jetzt.“ Und: „In Ohio wird einem nichts geschenkt. Aber ich bin bereit, die Herausforderung anzunehmen. Ich komme nach Hause.“

2016 im Blick

Ganz so selbstlos und sentimental, wie es auf den ersten Blick scheint, ist James’ Heimkehr allerdings nicht. Dass er bei den Cavaliers nur für zwei Jahre unterschrieb, liegt vor allem daran, dass 2016 sowohl der aktuelle TV-Vertrag der NBA als auch die Tarifvereinbarung zwischen Liga und Spielergewerkschaft auslaufen. Dann werden mit ziemlicher Sicherheit die Gehaltsobergrenzen steigen – und so auch die individuellen Saläre.

Auch sportlich ist der Wechsel keine so schlechte Entscheidung. Die Miami Heat wurden in den letzten NBA-Finalspielen von den San Antonio Spurs geradezu vorgeführt. Vor allem James’ prominente Mitstreiter Chris Bosh und Dwyane Wade scheinen ihren Zenit überschritten zu haben. Auf der anderen Seite haben die Cavaliers einige überaus hoffnungsvolle Talente zu bieten, weil sie in den beiden vergangenen Jahren die Draft Lottery gewonnen haben und sich jeweils den besten Nachwuchsspieler aussuchen durften. Mit LeBron James werden sie nun zu einem Meisterschaftskandidaten.

15 Jul 2014

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AUTOREN

Thomas Winkler

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