taz.de -- Kommentar Sportstadt Berlin: Berlin verpasst eine Chance
Berliner seien sportbegeistert, wiederholt der Senat mantramäßig als Begründung für Olympia. Aber nicht für alle Sportarten setzt er sich ein.
Berlin sei eine ganz tolle Sportstadt, im Grunde die Sportstadt schlechthin mit all ihren Bundesligisten und Anlagen, ist von den führenden Politikern immer wieder zu hören – wenn es um eine Olympia-Bewerbung geht. Die Fußball-WM von 2006! Die Leichtathletik-WM von 2009! Mag ja sein, aber das waren auch Selbstläufer mit dem Sommermärchen und den Rekorden von Usain Bolt. Bei den aktuellen Schwimm-EM und ihren Langstreckenwettbewerben in dieser Woche aber – eher eine Randdisziplin, bei deren Austragung Kreativität gefragt wäre – patzte die ach so tolle Sportstadt.
Denn statt diese Wettkämpfe im offenen Wasser in die Innenstadt zu holen, die Sportler um die Museumsinsel oder durchs Regierungsviertel kraulen zu lassen, dümpeln sie janz weit draußen in Grünau vor sich hin, vor schwach besetzten Rängen.
Ein Vorbild gab es
Dabei gab es ein erfolgreiches Vorbild: Bei der Schwimm-WM 2013 in Barcelona kraulten die Langstreckler vor toller Kulisse durchs Hafenbecken. Deutschlands Spitzenmann in dieser Disziplin, Thomas Lurz, hatte schon lange vorgeschlagen, in der Innenstadt zu starten.
Natürlich hätte man dafür auf der Spree den Schiffsverkehr für ein paar Stunden sperren müssen. Wogegen die Reedereien vielleicht protestiert hätten. Aber es geht ja immerhin um europäische Titel.
Für die vom Senat angestrebte Olympia-Bewerbung ist das ein ganz schlechtes Zeichen. Denn die soll doch neben Bescheidenheit vor allem durch Kreativität glänzen. Sie bei der EM unter Beweis zu stellen wäre für das Bewerber-Duell mit Hamburg eine große Chance gewesen. Die aber ist vertan.
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15 Aug 2014