taz.de -- Kolumne Press-Schlag: Geld für Gold

Der Deutsche Olympische Sportbund hat Angst, sportlich abgehängt zu werden. Für Medaillengewinner könnte sich das auszahlen – aber nur für sie.
Bild: Kein Freund des Mittelmaßes: DOSB-Präsident Alfons Hörmann (r.).

Basketball und Hockey, Moderner Fünfkampf, Wasserball, Alpiner Skisport und Eishockey. Diese Sportarten mussten im Jahr 1969 dran glauben, als das SED-Politbüro der DDR den Spitzensport olympiatauglich machte. Die Funktionäre gingen rigoros vor, förderten künftig nur noch Sportler, die ihren athletischen Frondienst in Medaillenschmieden ableisteten.

Die Höhe des ökonomischen und pharmazeutischen Aufwands je Medaille wurde zum Maßstab für eine günstige Bewertung der Sportart. Die Angst ging um, im Spiel der Großen nicht mitmischen zu können. Man wollte wer sein im Wettstreit um Aufmerksamkeit.

Und wieder geht ein Gespenst um im deutschen Sport, 45 Jahre nach dem „Leistungssportbeschluss“ der DDR. Es ist eine dünkelhafte Furcht, wie die des Mittelstands, nicht mehr an Fleischtöpfe und lieb gewonnene Privilegien heranzukommen. „Wir nähern uns dem Mittelmaß“, sagt der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbunds (DOSB), Alfons Hörmann, mit dramatischem Unterton.

Hörmann meint es bitterernst. Es könne nicht sein, dass sich die deutsche Sportnation nicht unter den ersten fünf im Medaillenspiegel wiederfinde. Gold kostet Geld, dieser Slogan wird von Sportfunktionären nun immer häufiger geprägt. Mehr Millionen müssten her – vom Steuerzahler, versteht sich. „Wir sind nicht mehr absolute Spitze, und meine Wahrnehmung ist, dass wir relativ schnell den Anschluss an die Spitze verlieren“, raunt Hörmann. Die Forderungen an die Politik, mehr Geld zu überweisen, werden dringlicher.

Der Sportbund DOSB wollte eigentlich 38 Millionen zusätzlich zu den 130 Millionen Euro – und bekam 15 Mille oben drauf, damit „der deutsche Spitzensport bei den Olympischen Spielen und Paralympics 2016 und den Winterspielen und Paralympics 2018 nicht in die Mittelmäßigkeit abrutscht“, wie DOSB-Generaldirektor Michael Vesper den Parlamentariern jüngst verklickerte.

Pistenparvenüs und Tartanbahntrottel

Ist wirklich Gefahr ist im Verzug? Steht es so verdammt schlecht um die Sportnation? Wenn nicht bald etwas geschieht, überholen uns dann Länder wie Österreich, Holland oder Polen? Überholen sie uns gar, ohne uns einzuholen? Ist es noch vereinbar mit dem Ansehen des Exportweltmeisters Deutschland, der viertstärksten Industrienation, dass uns Pistenparvenüs und Tartanbahntrottel einfach so distanzieren?

Doch schon baut sich der DOSB in weiser Voraussicht um, hat nun einen Vorstandsvorsitzenden und keinen Generaldirektor mehr. Ganz schnell muss ein Plan her (oder doch ein Leistungssportbeschluss?), wie man wieder zu alter Stärke kommt. 2020 soll der Umbau des Leistungssports vollzogen sein. Und wehe den Athleten (oder doch unseren Botschaftern im Trainingsanzug?), die dann nicht mit der Gold-, Silber- oder Bronzemedaille um den Hals baumelnd nach Hause kommen.

Das Schöne am deutschen Parlament ist ja unter anderem, dass sehr viele Sportfreunde drinsitzen. Der haushaltspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Norbert Barthle, offenbart zum Beispiel: „Die Koalition hat ein Herz für den Sport!“ Ein großes Herz für den Sport hatte auch ein gewisser Manfred Ewald („Ich bin der Sport“). Der Herr Ewald war es, der den DDR-Sportbeschluss schließlich in die Tat umgesetzt hat. Sehr erfolgreich, muss man sagen. Die Medaillenzähler sind kaum nachgekommen.

27 Dec 2014

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Markus Völker

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