taz.de -- Klimakonzepte nach der IBA: Ausbaufähiges Experiment
Laut der Evaluation zum Klimaschutzkonzept „Erneuerbares Wilhelmsburg“ wurden einige wichtige Ziele erreicht, viele aber auch nicht.
Das Ziel ist klar, der Weg lang und steiniger als angenommen. Bis 2050 soll sich das 35 Quadratkilometer große Wilhelmsburg mit seinen bis dahin angestrebten 73.000 Bewohnern mit erneuerbarer und lokal erzeugter Energie zu 100 Prozent selbst versorgen. In den ersten vier Jahren des von der Internationalen Bauausstellung Hamburg (IBA) 2010 aufgelegten Klimaschutzkonzeptes „Erneuerbares Wilhelmsburg“ wurde einiges erreicht, anderes blieb hinter den Erwartungen zurück.
„Wir freuen uns, dass der Energieberg Georgswerder mittlerweile 20 Prozent der Haushalte der Elbinsel mit erneuerbarem Strom versorgt“, erklärt der Geschäftsführer der IBA, Uli Hellweg, eines der erreichten Ziele des Klimaschutzkonzeptes. Um unter dem Motto „eigentlich stehen wir gar nicht so schlecht da“ immer wieder das zu benennen, was aus verschiedensten Gründen die Erwartungen nicht erfüllte. So wurde im Klimaschutzkonzept davon ausgegangen, dass der elektrische Selbstversorgungsgrad am Ende des IBA-Präsentationsjahres 2013 rund 50 Prozent betragen würde.
Aktuell sind es jedoch 35 Prozent. Auch die energetische Modernisierung der Häuser in Wilhelmsburg blieb mit 0,8 Prozent weit hinter den prognostizierten drei bis fünf Prozent zurück. Ebenso ausbaufähig ist der Anschluss an das Wärmenetz des Energiebunkers, der aktuell 650 Wohnungen mit Wärme versorgt, letztlich aber eine Kapazität für 3.000 Wohnungen hat. Für diese Abweichungen von Ist und Soll seien, so Hellwig, viele Faktoren verantwortlich: Da sind veränderte rechtliche Rahmenbedingungen wie das am 1. August in Kraft getretene Erneuerbare Energiengesetz (EEG), das am Ende zu weniger Photovoltaikanlagen führt.
Und da ist die im Juni 2013 in Kraft getretene Wärmelieferungsverordnung, nach der die Umstellung auf Wärmelieferung nur zulässig sein soll, wenn die Kosten der Wärmelieferung nicht höher sind als die Betriebskosten des bisherigen Betriebes. Doch nicht nur Vermieter sehen sich durch dieses Gesetz in der Umstellung von Fern auf Nahwärme ausgebremst. Auch bei privaten Besitzern gibt es eine große Skepsis gegenüber der Versorgung durch ein dezentrales netz statt einer Versorgung durch den eigenen Kessel im eigenen Keller.
Gerade in der Bewusstseinsarbeit sieht Hellwig die größte Aufgabe auf dem Weg zur Klimaneutralität. Senatorin Jutta Blankau will jedenfalls aus den Ergebnissen des „Experimentierfeldes“ in Wilhelmsburg lernen. Bereits jetzt würden in Bergedorf-Süd und Dulsberg dezentrale Wärmekonzepte umgesetzt. Und was die erschwerenden Gesetzsprechungen angeht, sagt sie: „Wir sind immer beeinflusst von gesetzlichen Entscheidungen, die wir versuchen zu beeinflussen.“
9 Feb 2015
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