taz.de -- Zweifel nach Ukraine-Gipfel: Putin, lass Taten sprechen!
Nach dem Treffen der Staats- und Regierungschefs in Minsk bleiben die Russland-Sanktionen vorerst bestehen. Erst sollen die Separatisten die Waffenruhe einhalten.
BRÜSSEL/WASHINGTON afp/rtr/dpa | Die Europäische Union behält sich weitere Sanktionen im Ukraine-Konflikt vor, wenn die jüngste Vereinbarung für eine Waffenruhe nicht umgesetzt wird. „Wenn es Schwierigkeiten gibt, schließen wir auch weitere Sanktionen nicht aus“, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel am Donnerstagabend in Brüssel. Die EU-Kommission sei gebeten worden, „weitere Vorbereitungen für solche Sanktionen zu tätigen.“
Auch EU-Ratspräsident Donald Tusk sagte, die EU werde „nicht zögern, Maßnahmen zu ergreifen“, sollte die Waffenruhe nicht umgesetzt werden. Die Friedensvereinbarung war am Donnerstagmorgen in der weißrussischen Hauptstadt Minsk unterzeichnet worden.
Zuvor hatten Merkel und Frankreichs Präsident François Hollande die ganze Nacht über mit Russlands Präsident Wladimir Putin und dem ukrainischen Staatschef Petro Poroschenko verhandelt. Am Ende konnten sie sich auf einen 13 Punkte umfassenden Friedensplan für die Ostukraine verständigen. Er sieht unter anderem vor, dass beide Seiten ihre schweren Waffen aus der demilitarisierten Zone abziehen und Gefangene austauschen. Ab Sonntag um 00.00 Uhr soll im Osten der Ukraine eine Waffenruhe gelten.
Zudem sollen ausländische Militärs ukrainisches Gebiet verlassen. Bis zum Jahresende soll die Ukraine die vollständige Kontrolle über die Grenze zu Russland übernehmen. Derzeit werden weite Teile des Grenzverlaufs von prorussischen Rebellen beherrscht. Ein erste Vereinbarung im vergangenen Jahr war immer wieder gebrochen worden.
Außenminister Kerry ist skeptisch
Auch US-Außenminister John Kerry macht eine Lockerung der Sanktionen gegen Russland von der Erfüllung der Minsker Ukraine-Abkommen abhängig. „Wir werden Russland und die Separatisten an ihren Taten und nicht an ihren Worten messen“, erklärte Kerry am Donnerstag. Die USA hätten immer zugesagt, eine Lockerung der Sanktionen zu prüfen, „wenn das Abkommen vom September 2014 und nun diese Vereinbarung voll umgesetzt werden“. Eine US-Außenamtssprecherin sagte, auch die Verhängung neuer Sanktionen sei nicht vom Tisch.
Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko hat sich zurückhaltend zu den Erfolgsaussichten des Friedensplans für die Ostukraine geäußert. „Es waren sehr schwierige Verhandlungen und wir erwarten einen Umsetzungsprozess, der nicht leicht sein wird“, sagte Poroschenko beim EU-Gipfel am Donnerstag in Brüssel. Er dankte den EU-Staaten, die sich „vereint“ hinter die Ukraine gestellt hätten.
Kiew habe in den Verhandlungen „eine sofortige Waffenruhe ohne Vorbedingungen“ gefordert, sagte Poroschenko. „Unglücklicherweise“ hätten die prorussischen Rebellen eine Zeit „von fast 70 Stunden“ verlangt, bevor die Waffenruhe in Kraft treten soll. „Unmittelbar, nachdem die Vereinbarung unterzeichnet war“, hätten die Separatisten dann eine neue Offensive gestartet.
„Den Druck aufrecht erhalten“
Deshalb sei es „lebenswichtig für uns alle, den Druck aufrecht zu erhalten“, sagte der ukrainische Präsident. Nur so könne garantiert werden, dass die Zusicherungen eingehalten werden. Poroschenko verwies dabei auf die Waffenruhe, aber auch den Rückzug „aller ausländischen Truppen und Söldner“, die Schließung der Grenze zu Russland und die sofortige Freilassung aller Geiseln. Mit Blick auf Moskau sagte Poroschenko: „Wir vertrauen der EU, wir haben ein Problem damit, Russland zu vertrauen.“
Nach dem Abkommen von Minsk sind noch andere Fragen offen. Der fünfte Absatz des Textes spricht von einer Amnestie. Die Amnestieklausel im Waffenstillstandsabkommen von Minsk wird nach Angaben der Ukraine aber nicht für die Verantwortlichen der Katastrophe von Flug MH17 gelten. Für sie werde es „niemals“ eine Amnestie geben, sagte der ukrainische Präsident Petro Poroschenko. Er habe dies auch der niederländischen Regierung „garantiert“, teilte Außenminister Bert Koenders in Den Haag mit.
Angehörige reagieren erleichtert
Die Amnestieklausel in dem Abkommen hatte in den Niederlanden große Sorge ausgelöst, dass die Verantwortlichen für den Absturz der Passagiermaschine MH17 im Juli 2014 ungestraft davonkommen könnten. Straffreiheit dürfe es nicht geben, sagte Außenminister Koenders. Das niederländische Parlament hatte eine Garantie gefordert, dass die strafrechtlichen Ermittlungen ungehindert fortgesetzt würden. Angehörige der Opfer reagierten erleichtert.
Die Passagiermaschine der Malaysia Airlines war am 17. Juli 2014 über der Ostukraine vermutlich abgeschossen worden. Alle 298 Menschen an Bord wurden getötet. Die meisten Opfer waren Niederländer.
13 Feb 2015
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