Imperium (Kracht)

Gallery: 2 images
Other articles that mention 'Imperium (Kracht)'
Christian Kracht (2015)

Imperium ist der Titel eines 2012 erschienenen, zwischen Persiflage und Pastiche oszillierenden Romans des Schweizer Schriftstellers Christian Kracht. Er erzählt die tragikomische Geschichte des deutschen Aussteigers August Engelhardt, der sich 1903 auf der Insel Kabakon im damaligen deutschen Kolonialgebiet Deutsch-Neuguinea ansiedelte, um dort eine Kokosplantage zu bewirtschaften und einen natur-religiösen „Sonnenorden“ zu gründen. Der fanatisch-missionarische Vegetarier und Vertreter einer alternativen Lebensweise verehrte die Kokosnuss als eine göttliche Frucht und proklamierte den "Kokovorismus" als die ideale Ernährungs- und Lebensgrundlage der Menschen.

Section links: (6 Articles)

Inhalt

Der Roman beginnt mit der Reise Engelhardts Anfang des 20. Jahrhunderts über Port Said und Ceylon in das damalige deutsche Kolonialgebiet Bismarck-Archipel und seine Ankunft mit dem Reichspost-Dampfer Prinz Waldemar am Verwaltungssitz Herbertshöhe. In einzelnen Kapiteln (2 und 4) wird im Rückblick die Vorgeschichte erzählt:

Section links: (3 Articles)

Vorgeschichte

Als Anhänger der vegetarisch-naturbezogenen Lebensreformbewegung reist er mönchisch gekleidet auf der Suche nach Gleichgesinnten durch das wilhelminische Deutsche Reich und wirbt für sein Projekt einer auf seiner Kokosnuss-Religion basierenden Kolonie in der Südsee (Kap. 4). Doch außerhalb eines engen Bewundererkreises erfährt er nur Ablehnung und Spott und wird wegen nudistischer Auftritte am Ostsee-Strand mehrfach verhaftet. Er bricht Anfang des 20. Jahrhunderts mit seinem von seiner Tante Marthe ererbten Geld in das damalige deutsche Kolonialgebiet Deutsch-Neuguinea auf, um dort eine Kokosplantage zu kaufen und eine Gemeinschaft von Sonnenjüngern zu gründen.

Auf der Überfahrt, bei einem Halt in Ceylon, begegnet er dem Tamilen Govindarajan, in dem er einen geistigen Verbündeten sieht. Govindarajan lässt ihn aber bei einem gemeinsamen Ausflug in einem dunklen Tempel in Kandy allein zurück, stiehlt in seinem Hotel seine Pfandbriefe und verschwindet (Kap. 2).

Section links: (10 Articles)

Idee des Kokovorismus und Gründung des Sonnenordens (Teil 1)

In Herbertshöhe kauft Engelhardt von der reichen Großgrundbesitzerin Emma Forsayth, genannt „Queen Emma“, zum großen Teil auf Kreditbasis, die für sie wertlose Insel Kabakon zur Bewirtschaftung als Kokosnuss-Plantage ab, um seinen geplanten Sonnenorden zu finanzieren (Kap. 3). Die geliehene Summe soll über Jahre mit den Erträgen des Verkaufs zurückgezahlt werden. Aus ethischen Gründen möchte der dogmatische Vegetarier keinen Grundstoff für Palm-Kochfett liefern, sondern nur in einem Veredelungsprozess gewonnenes Kokos-Öl, das allerdings schwer verkäuflich ist. Deshalb wirbt er für das Produkt auf einer Reise nach Australien und mit Werbesendungen in alle Welt. Seine einheimischen Arbeiter, die Inselbewohner, bezahlt er mit Gutscheinen, die sie bei Einkäufen in Herbertshöhe einlösen können, auch dies finanziert ihm „Queen Emma“ in der Hoffnung auf die Entwicklung des Geschäfts. Für ihn selbst hat Geld keine Bedeutung und er lehnt eine Vermarktung ausschließlich aus finanziellen Motiven ab, wie er auf einer Werbereise in Cairns (Queensland, Australien) dem Kellogg-Angestelltem Halsey klarmacht, der ihn für seine Idee eines vegetarischen Brotaufstrichs zu begeistern sucht (Kap. 6).

Mit Briefen und Zeitungsartikeln wirbt Engelhardt in Deutschland für seine Lebensweise. Aber nur langsam kommen Sympathisanten auf die Insel und die Besuche enden oft mit Enttäuschungen, wie die schnelle euphorisch-geistige Freundschaft mit seinem Jünger Heinrich Aueckens (Kap. 7). Eine homosexuelle Beziehung mit seinem Gast lehnt er ab, und als dieser seinen Boy Makeli vergewaltigt, wird Aueckens von einer Kokosnuss erschlagen. Offen bleibt, ob sie schicksalhaft von einem Baum gefallen ist oder ob Engelhardt der Täter ist. Die Behörde bewertet den Tod als Unfall und Makeli sieht darin eine gerechte Strafe, für die er seinem Meister dankbar ist.

Section links: (4 Articles)

Probleme und enttäuschte Erwartungen (Teil 2 und 3)

Auf der Suche nach Gleichgesinnten reist Engelhardt auf die Fidschi-Inseln, um den ebenfalls ausgewanderten Mittenzwey zu besuchen und seine Lehre kennenzulernen (Kap. 8). Er entdeckt enttäuscht, dass Mittenzwey nur vorgibt, Lichtesser zu sein. In der Sekte trifft er Govindarajan, der ihm in Ceylon seine Pfandbriefe gestohlen hat. Er verzichtet aber auf Vergeltung und die öffentliche Bloßstellung Mittenzweys und reist zurück. Seine Verwirrung steigert sich durch die zwischenzeitliche Verlegung des Regierungssitzes und die Versetzung der Gebäude von Herbertshöhe in das nahe gelegene Rabaul.

Als im vierten oder fünften Jahr der Siedlung Engelhardts der hypochondrische Klavier- und Geigenspieler Max Lützow nach Kabakon kommt, fühlen die beiden eine geistige Verwandtschaft und versuchen die Kokosnuss-Religion zu leben (Kap. 9). Lützow erholt sich schnell von seinen teils eingebildeten Leiden und wirkt gesünder als sein abgemagerter, an Lepra erkrankter Freund. Weitere in Deutsch-Guinea gestrandete, teils physisch, teils psychisch kranke Sonnenkultanhänger, die dem Ruf der beiden Propheten gefolgt sind und sich ihrer Gemeinschaft anschließen wollen, nimmt Engelhardt nicht auf seiner Insel auf. Sie werden in Raubaul im Spital behandelt und vom Gouverneur wieder zurückgeschickt. Hahl fürchtet weitere Zuwanderer und gibt dem fiktiven Kapitän Slütter den Auftrag, Engelhardt auf seiner Insel zu erschießen und seine Leiche zu verbrennen. Dafür werde die von ihm aufgenommenen 13-jährige Pandora, die in Sydney aus ihrem Internat geflohen und sich auf seinem Schiff versteckt hat, nicht zu ihrem Vater, dem Gouverneur, zurückgeschickt (Kap. 11).

Section links: (4 Articles)

Ende der Kolonien (Teil 3)

Der letzte Teil des Romans erzählt das Ende sowohl der deutschen Kolonialgebiete wie der Unternehmung Engelhardts (Kap. 14):

„[…] doch trunken der Sänger, nicht achtend der Mahnung, zurück in den Orkus wendet den Blick.“

– Christian Kracht

Section links: (5 Articles)

Dichtung und Wirklichkeit

+------------------------------------------------------------+
|[Image: Imperium (Kracht) (Papua-Neuguinea)] Imperium       |
|(Kracht) (Papua-Neuguinea) Kokopo AUSTRALIEN SALOMONEN      |
|INDONESIEN PAZIFIK BISMARCKSEE Neubritannien Neuirland      |
|Bougainville Manus PAZIFIK New-Georgia-Archipel SALOMONENSEE|
+------------------------------------------------------------+

Viele Details der Biographie des Roman-Protagonisten und der Handlung sind Fiktion. Allerdings werden „Versatzstücke aus der Kolonialgeschichte des Deutsches Reiches“, historische Personen, Ereignisse, v. a. der geographische Raum mit Lokalitäten wie das Verwaltungszentrum Hermannshöhe (heute Kokopo) und die Insel Kabakon, im Meer zwischen Neu-Mecklenburg (heute Neuirland) und Neu-Pommern (heute Neubritannien) gelegen, in veränderter, auch anachronistischer Form und in neuen Kontexten sowie literarische Figuren als Bausteine in die Geschichte des Aussteigers Engelhardts eingefügt. Kracht sagt darüber im Interview mit dem ARD-Magazin "Druckfrisch": „Es ist eigentlich ein großes Spiel mit auftauchenden Figuren, die eintauchen und wieder auftauchen.“

Dieses Stilmittel wird von der kanadischen Literaturwissenschaftlerin Hutcheon mit dem Begriff Historiografische Metafiktion und von dem deutschen Literaturwissenschaftler Schumacher als Überschreibungs- bzw. Palimpsest-Schreibverfahren bezeichnet: „Kracht verschiebt die Zeitachsen, verrückt die Schauplätze und Figuren, Orte und Zeiten aber immer nur gerade so weit, dass das, was er darstellt, auf den ersten Blick durchaus auf eine tatsächliche Begebenheit verweisen könnte und sich erst bei genauerem Betrachten als Fiktion erweist. […] was hier auf der Ebene der Narration als Verwirrspiel zwischen Fakt und Fiktion entfaltet wird, [beschreibt] in mehrfacher Hinsicht zugleich ein Strukturprinzip des Romans […] auch Krachts Schreibverfahren und Erzählweise […] In diesem Sinn heißt Schreiben bei Kracht immer auch Überschreiben. Kracht bezieht sich im Schreiben fast durchgehend auf bereits vorliegende Konstellationen, auf Vorgefundenes. Er schreibt auf der Grundlage von Vorlagen, die überschrieben, dabei aber nicht vollständig überdeckt, nicht ganz ausgelöscht werden, sondern im Verschwinden noch durchscheinen, […]. So erinnern Krachts Texte durchaus an Palimpseste […] Nicht immer ist dabei klar zu erkennen, ob es diese Vorlagen überhaupt gibt, oder ob hier nur der Eindruck erweckt wird, man habe es mit leicht verzerrten (oder verblassten) Palimpsesten zu tun. Dies betrifft die unzähligen Kolonialismusklischees, die der Roman aufreiht, und den korrespondierenden Südseeromantikkitsch nicht weniger als die Erzählmuster, die auf die historischen Formen der Robinsonade und des Abenteuerromans verweisen.“

August Engelhardt (stehend) mit Max Lützow
Section links: (19 Articles)

August Engelhardt

Der Autor orientiert sich an Engelhardts Lebensgeschichte und dem historischen Ablauf seiner „Sonnenorden – Aequatoriale Siedlungsgemeinschaft“ genannten Sekte, die vermutlich auf der Insel nie mehr als fünf Mitglieder gleichzeitig vereinte. Einige Anhänger erkrankten und starben, auch an Unfällen, deren Ursachen nicht geklärt werden konnten, einige kehrten krank und enttäuscht nach Deutschland zurück. Dies führte zu Gerüchten über Eifersüchteleien, Streitigkeiten, Positionskämpfen und Morden. Da die deutsche Kolonialverwaltung den Eindruck hatte, dass Engelhardt geisteskrank geworden war und die Situation auf der Insel zu eskalieren drohte, verhinderte sie, dass weitere Neuankömmlinge auf seine Insel gelangten. „Die Vegetarische Warte“ druckte im Oktober 1906 Warnungen ab, die von einer Reise nach Kabakon dringend abrieten. Nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs wurde Engelhardt zunächst 1915 in Rabaul interniert, konnte aber bald auf das nun australisch besetzte Kabakon zurückkehren. Anfang Mai 1919 starb er abgemagert an Malaria.

Emma Kolbe

Kracht lässt in seinem Roman neben Engelhard die historischen Personen Hahl, Solf und Emma Kolbe und zwei Sonnenorden-Anhänger, Heinrich Aueckens und Max Lützow, auftreten, verändert aber ihre Biographie in Verbindung mit fiktiven Personen und Handlungen: z. B. heiratete Max Lützow nicht die reiche Plantagenbesitzerin. Sie war zu diesem Zeitpunkt mit ihrem dritten Mann Paul Kolbe verheiratet. Lützow erkrankte schwer auf Kabakon und wollte im Februar 1905 das Hospital in Herbertshöhe aufsuchen; er gelangte jedoch in stürmischer See nur bis zur Insel Lamassa, wo er entkräftet starb.

Section links: (3 Articles)

Literarische Bezüge

Als "Motto" sind dem Roman zwei Zitate von André Gide und Mark Twain vorangestellt.

Im letzten Romanteil (Kap 11–13) wird der fiktive Frachtschiffkapitän Christian Slütter zu einer wichtigen Figur. Er versteckt die in Sydney aus dem Internat geflohene, nicht historische, ca. 13-jährige Pandora, die einzige Tochter des historischen Frederic Thesiger, Gouverneur von New South Wales 1909 auf seinem Schiff und bringt sie nach Rabaul. Die Namen der beiden Figuren und ihre Beziehung zueinander sind Hugo Pratts Comic "Südseeballade" ("Una Ballata del Mare Salato") entnommen, dessen erste Folge (1967) 1913–1915 im Pazifischen Ozean spielt. Wie Engelhardt begegnet der Comic-Held während der 33-teiligen Serie vielen bekannten historischen Personen. Bei Corto Maltese sind es u. a. Josef Stalin, Jack London, James Joyce.

Im Comic ist die weibliche Hauptfigur, Pandora Groovesnore, die von Piraten entführte siebzehnjährige Enkelin eines wohlhabenden englischen Reeders. Sie hat eine angedeutete kurze Beziehung mit Christian Slütter, dem Kommandanten eines deutschen U-Bootes, der im Ersten Weltkrieg wegen Piraterie angeklagt und hingerichtet wird. Dieses Ende übernimmt Kracht. Auch sein Dampfschiff-Kapitän Slütter wird wegen Piraterie erschossen.

Einen weiteren Bezug zur Comic-Geschichte hat der Autor in das letzte Kapitel eingearbeitet: Amerikanische Soldaten finden den fiktionalisierten August Engelhardt auf der Solomon-Insel Kolombangara (New-Georgia-Archipel), wo am Anfang von Hugo Pratts "Südseeballade" im Jahr 1913, also zur Zeit des real existierenden Engelhardt, die fiktive Comicfigur „Corto Maltese“ auf einem Floß entdeckt wird.

Einer anderen Comic-Serie, Frank Le Galls "Theodor Pussel", wurde der Name „Herr November“ sowie das Titelbild der Kiepenheuer & Witsch-Erstausgabe des Romans entnommen. Im Comic ist Herr November der rätselhafte Begleiter und der Gegenspieler des jungen Seefahrers Theodor.

In ähnlicher Palimpsest-Erzählweise wie im Comic lässt Kracht in seinem Roman, gut erkennbar, in fiktiven Konstellationen und Aktionen, die nicht, zumindest nicht ganz der historischen Wirklichkeit entsprechen, Thomas Mann und Hesse auftreten. Zudem erinnern einzelne Roman-Passagen und Motive an die auch in Pratts Comic zitierten Südseeromane von Conrad und London (Die Insel Berande) und Slütters Matrose, der Maori Apirana, wird mit dem polynesischen Harpunier Queequec aus Melvilles Moby Dick verglichen: Im Text „scheinen […] auch die Schreibweisen jener Autoren durch, die im Roman […] als quasihistorische Figuren auftauchen, etwa […] Thomas Mann“: Z. B. könnte das zum Frühstück gereichte „kräftige englische Porter Bier“ auf Hans Castorps Frühstück in Thomas Manns „Zauberberg“ verweisen.

Offenbar hat Kracht auch Einzelheiten aus Marc Buhls 2011 veröffentlichtem Roman "Das Paradies des August Engelhardt" übernommen: die Schlachtung eines Ferkels oder die Reproduktion von Böcklins „Die Toteninsel“ im Palast des Gouverneurs.

Section links: (18 Articles)

Mediale Vervielfältigung

Verstärkt wird die Verunsicherung über die Beschreibung der Realität und der Historie noch durch den über den Dingen schwebenden Erzähler, ein dem Protagonisten gegenüber verständnisvoller („unser Held, unser Sorgenkind“), aber zugleich kritischer Zeitgenosse des 20. Jhs., „dessen heitere Souveränität letztlich kaum weniger komisch erscheint als die Figuren, über die er berichtet und über die er sich vermeintlich ironisch erhebt. Immer wieder erneut zeigt sich, dass der „Nebel der erzählerischen Unsicherheit“, auf den der Erzähler an einer Stelle des Romans explizit verweist, durch ihn selbst erzeugt wird. In immer wieder neuen Konstellationen präsentiert sich, unfreiwillig oder nicht, der vermeintlich allwissende Erzähler als hochgradig unzuverlässige Instanz, dem das, was er als Realität präsentiert, permanent entgleitet.“

Gegen Ende des Romans wird eine Vorstellung wieder aufgenommen, welche den Status der Realität, der Erzählung und des Erzählers ganz grundsätzlich infrage stellt. Bereits im Ceylon-Kapitel erscheint das Erzählte „als Teil einer kinematografischen Projektion“: Auf der Rückfahrt zum Hafen „beginnt plötzlich der Kinematograf zu rattern“. Mit der Schilderung der Anfangsszene der Verfilmung des Lebens von August Engelhardt „eröffnet sich im Rückblick, vom Ende des Romans her, auch die Möglichkeit, die Erzählung als eine rekursiv angelegte, medial vervielfältigte narrative Schleife zu begreifen, die nicht vorwegnimmt, sondern vielmehr reproduziert, was sich bei genauerem Hinsehen von Beginn an als Projektion erweist.“ Diese „mediale Vervielfältigung […] erweist sich als spezifische Form einer mise en abyme, einer differenziellen Wiederholung, bei der das, was reproduziert wird, zunehmend aus dem Blick gerät, sich der Wahrnehmung entzieht, entgleitet, wenn nicht gar in den Endlosschleifen der Reproduktion verschwindet“.

Section links: (1 Articles)

Rezeption und Interpretation

Krachts Romane wurden meist inhaltlich und formal kontrovers interpretiert und rezensiert: "Imperium" löste jedoch durch einen Zeitungsartikel 2012 eine Grundsatzdiskussion über die Position des Autors aus:

Georg Diez schrieb im Magazin "Der Spiegel", Kracht sei der Céline seiner Generation, "Imperium" sei „durchdrungen von einer rassistischen Weltsicht“. An Krachts Beispiel „könne man sehen, wie antimodernes, demokratiefeindliches, totalitäres Denken seinen Weg findet hinein in den Mainstream“.

Abgesehen von dieser Kracht-Grundsatzdebatte ist auch die Bewertung des Romans ambivalent. Fanizadeh las den Imperialismus-Roman nur als fade Reiseprosa, wie sie auch „Pauschalreisende“ verfassen könnten. Krachts Versuche, das wilhelminische Deutschland mittels Sprache wiederauferstehen zu lassen, seien „qualvoll“. Das ganze bewertet er „als Klamotte angelegte Südseeballade“.

Insgesamt gesehen ist die Bewertung von Krachts „Imperium“ positiv: Julia Encke in der "FAZ", Richard Kämmerlings in der "Welt", Schütz im "Freitag". Von Lovenberg bewertet Krachts "Imperium" trotz des Rückblicks auf die dunklen Kapitel deutscher Geschichte als überaus heiteren Roman, in dem er nicht nur den Mut zu ironischer Distanz und literarischer Freiheit aufbringe, sondern vor allem durch seine „prunkend exquisite“ Sprache besteche. Schmidt sieht in dem für ihn bisher besten Werk Krachts eine – von einer gediegenen Thomas-Mann-Figur erzählte – beißende Parodie, ein „hochartistisches, auch manieriertes Erzählexperiment“. Genial sei Krachts Einfall, das 20. Jahrhundert auf einem Nebenschauplatz zu beleuchten. Soboczynski hält Krachts "Imperium" für seinen bisher besten Roman: „Existenzieller Schmerz“ sei hier einer „gut gelaunten Erzähllust“ gewichen. Er fand nicht nur Anklänge an Thomas Mann, Kafka und Hesse, sondern auch an Fontane oder Keyserling und mitunter auch an den etwas überkandidelten Ästhetizismus eines Wilde. Vielleicht sei diese „kaputte Südseefantasie“ mit deutscher Geistesgeschichte etwas überfrachtet, aber dies sei wohl beabsichtigt.

Aus einem Zeitabstand von 12 Jahren betrachtet, erscheint "Imperium" als „eine Literatur, die einen herausreißt aus den Normen, den Glaubwürdigkeitssätzen der eigenen Zeit. Man darf von ihr keine weltanschaulich ermutigenden Botschaften erwarten. In Krachts Werk bebt eine Kritik an der Moderne, die flüchtigen Lesern immer schon ideologisch verdächtig, manchmal skandalträchtig erschien.“

"Imperium" wurde bislang ins Spanische, Koreanische, Türkische, Dänische, Russische, Rumänische, Kroatische, Ungarische, Hebräische, Englische, Mazedonische, Estnische, Schwedische, Italienische, Norwegische, Französische und Tschechische übersetzt.

Section links: (26 Articles)

Auszeichnungen

Section links: (4 Articles)

Adaptionen

Section links: (7 Articles)

Literatur

Einzelnachweise

Section links: (10 Articles)

Anmerkungen

Section links: (6 Articles)

Article Resources

List of all 126 referenced articles
Search for articles that mention 'Imperium (Kracht)'
Read this article in another language
Download article PDF for offline access
Source on Wikipedia website

--

Gemipedia Home
Go to Article
Using Deutsch (German) Wikipedia. Change Language?

--

Size: 39.82 KB. 67.74% smaller than original: 123.44 KB 🤮

Fetched: 1619 ms. Converted: 702 ms. 🐇

Made with 📚 and ❤️ by Acidus

All Wikipedia content is licensed under CC BY-SA 3.0